Für jede Gelegenheit der richtige Ton

Neujahrskonzert des Seesener „Beobachter“: Göttinger Symphonie Orchester erntet Standing Ovations

Das Göttinger Symphonie Orchester zeigte sich vor ausverkauftem Haus auf gewohnt hohem Niveau.

Seesen. „Ich wünsche Ihnen für jede Gelegenheit den richtigen Ton.“ Mit diesen Worten begrüßte Verlagsleiter Bernd Voß die Göttinger Symphoniker am Beginn des Neujahrskonzertes, zu dem der Seesener „Beobachter“ in die St.-Andreas-Kirche eingeladen hatte. Und selten ging ein Wunsch so schnell in Erfüllung. Denn das Orchester ergriff die gebotene Gelegenheit und zeigte sich vor ausverkauftem Haus auf gewohnt hohem Niveau. Ob Dynamik, Artikulation, weiche Klangentfaltung, entschlossener symphonischer Zugriff oder auch bewusst gesetzte „oesterreichisch g’schlamperte“ Walzerbegleitung, – alles gelang bestens.

Am Dirigentenpult war in diesem Jahr nicht der beliebte Orchesterchef Christian-Mathias Müller. Der verließ im vergangenen Jahr nach 13 erfolgreichen Jahren „sein“ Orchester.  Am Pult agierte stattdessen der oesterreichische Nachwuchsdirigent Tobias Wögerer. Mit dem charmanten Sprachidiom seiner Heimat führte er auf freundliche Weise durch das abwechslungsreiche Programm. Vor allem aber brachte der bestens ausgebildete junge Musiker überzeugend den musikalischen Geist der Donauländer in die Stadt an der Schildau. Auf glückliche Weise kommunizierte er mit den Musikern. Mal nahm er die Zügel straff in die Hand, mal öffnete er dem Ensemble eigene Freiräume. Aus diesem guten Dialog zwischen Dirigent und Ensemble entstanden immer wieder neue musikalische Höhepunkte, zu denen auch manch schönes Solo in den Bläsern gehörte.

„Von Budapest bis Wien“ sollte die musikalische Reise gehen. Gleich zu Beginn spannte der  „Ungarische Tanz Nr. 1” von Johannes Brahms zwischen den beiden Donau-Metropolen eine musikalische Brücke. Denn Brahms hatte in speziellen Musikkneipen Wiens den damals zahlreich auftretenden ungarischen Sinti- und Romamusikern ihre Melodien abgelauscht und diese zu seinen meisterhaften symphonischen Tänzen verarbeitet.

Nach diesem klangvollen Auftakt erlebte man auch in der Ouvertüre zur Strauss-Operette „Der Zigeunerbaron“  einen runden geschlossenen Streicherklang und gut disponierte Holz- und Blechbläsern. Auffallend darin das schöne Oboensolo. Und auch die Fledermaus-Musik oder der Frühlingsstimmen-Walzer von Johann Strauss (Sohn) wurden zum reinen Hörgenuss. 

Der Höhepunkt des Konzertes war die Begegnung mit der jungen Geigerin Anne Luisa Kramb. Mit zwei Paradestücken geigerischer Virtuosität zeigte die erst 19-jährige Musikerin, dass sie zu den kommenden Geigenstars gehören wird.

Bereits in Camille Saint-Saens musikalischer Referenz an den großen Geiger Pablo de Sarasate „Introduktion und Rondo capriccioso op. 28“ entfaltete sie eine überzeugende Mischung aus herrlich singendem Geigenton und brillanter Spieltechnik. Und die „Zigeunerweisen“ genannte Musik von Sarasate mit ihren irrwitzigen spieltechnischen Anforderungen meisterte sie fast perfekt. Wie gut, dass sie in Tobias Wögerer am Pult einen höchst aufmerksamen Begleiter hatte, der ihr in der umfangreichen und vollkommen frei zu spielenden langsamen Einleitung alle rhythmischen Freiheiten gab und dennoch mit dem Orchester immer auf den Punkt genau da war. Zum Dank für den rauschenden Beifall gab es noch den populären Geigen-Csárdás von Vittorio Monti, gespielt mit süffigem Zigeunersound und rasendem Finger- und Bogentempo.

Danach noch der Csárdás aus der Oper „Ritter Pásmán“ von Johann Strauß (Sohn) und seine mit prächtigem Tempo gespielte Polka  „Éljen a Magyar!“ inklusive kräftigem Schlussruf aus Orchestermündern „Éljen a Magyar! – Lang lebe Ungarn!“ Als Zugabeleuchtete zum Schluss von Ferne die blaue Donau mit einschmeichelnd gespielter Walzerseligkeit auf, inklusive orchestral gerufenen Neujahrswünschen.

Standing Ovations für ein kurzweiliges und unterhaltsames Neujahrskonzert auf hohem Niveau. Claus-Ulrich Heinke