„Gesetzte Prioritäten der Auslöser!”

Asklepios Kliniken Schildautal: Professor Dr. Ralf Becker äußert sich zu seinem bevorstehendem Rückzug

Seesen. Das Thema Asklepios Kliniken hat in der zurückliegenden Woche in Seesen und Umgebung hohe Wellen geschlagen. Wie berichtet, wurde von der Asklepios-Pressestelle in Hamburg bestätigt, dass zwei Chefärzte, darunter der Ärztliche Direktor der Kliniken Schildautal, Prof. Dr. Jan. R Ortlepp, die Kliniken auf eigenen Wunsch verlassen werden.

Was steckt hinter den Kündigungen der Seesener Chefärzte Prof. Dr. Ralf Becker und Prof. Dr Jan. R. Ortlepp, die wie der „Beobachter” berichtet hatte, die Asklepios Kliniken nach vielen Jahren verlassen werden? Dazu hatten sich weder die Klinikleitung noch die Pressestelle und auch die betroffenen Ärzte zunächst nicht äußern wollen.

In einer dem „Beobachter” vorliegenden E-Mail hat sich Prof. Becker nun aber an die Mitarbeiter der Klinik gewandt, auch „um weiteren Gerüchten und einer zunehmenden Verunsicherung vorzubeugen”, wie er schreibt.

Es sei richtig, dass er sein Arbeitsverhältnis nach ordentlicher und fristgerechter Kündigung auf eigenen Wunsch zum 30. Juni 2018 beende. Er sei über 15 Jahre als Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie in Seesen tätig gewesen und es sei gemeinsam gelungen, „die Klinik und den Standort auf sehr hohem medizinischen Niveau weiter zu entwickeln.”

Er habe auch klare Vorstellungen über die Weiterentwicklung der Klinik für die nächsten drei bis vier Jahre gehabt, bis er sich von seiner Position zurückziehe. „Diese Entscheidung habe ich schon vor mehreren Wochen getroffen, gänzlich unabhängig von den aktuellen Entwicklungen bezüglich Herrn Ortlepp und bereits vor 14 Tagen mit der Geschäftsführung kommuniziert”, heißt es im Weiteren.

Wesentlicher Auslöser seien die von der Konzerngeschäftsführung für die kommenden Jahre gesetzten Prioritäten, die nicht mit seinen persönlichen Vorstellungen übereinstimmen würden.„Aus diesem Grunde habe ich mich entschieden, meine Tätigkeit hier vorzeitig zu beenden, was mir sehr schwer gefallen ist.” Er, so Becker, wolle damit ausdrücklich nicht die Sinnhaftigkeit der angestoßenen Maßnahmen einer zentralen Notaufnahme und einer Neustrukturierung der Intensivmedizin, die allen gesetzlichen Vorgaben entspricht, in Frage stellen. „Diese Maßnahmen sind erforderlich und werden das Haus weiterbringen. Ich werde mich für eine sinnvolle Umsetzung dieser Konzepte einsetzen. Priorität hat für mich jedoch die Weiterentwicklung des neurologischen/neurochirurgisch/neuroradiologischen Schwerpunktes in Seesen. Dafür werde ich auch in den nächsten Monaten kämpfen. Ich versichere Ihnen, dass ich bis zu meinem Ausscheiden am 30. Juni 2018 alles tun werde, um die Entwicklung der Klinik zu stabilisieren und eine positive Weiterentwicklung zu ermöglichen. Ferner stehe ich, wenn erforderlich, auch über diesen Tag hinaus meinen Mitarbeitern jederzeit beratend zur Verfügung. Mit absoluter Sicherheit wird aber das derzeitige Ärzteteam der Neurochirurgie in der Lage sein, die Klinik auch weiterhin auf höchstem Niveau zu betreiben.” Soweit die Erklärungen Professor Beckers zu seinem bevorstehenden Abschied im kommenden Sommer.

Spekuliert wird weiterhin, wo die Gründe bei Prof. Dr. Ortlepp liegen, dass auch er den Asklepios Kliniken demnächst den Rücken kehrt. Nach „Beobachter”-Informationen sei es im Bereich von Hygiene-Fragen zu einem Dissens zwischen Ortlepp und der Regionalgeschäftsführerin Adelheid May gekommen.

Ortlepp und auch May wollten sich zu den Umständen nicht äußern. Alle Fragen zu den neuesten Entwicklungen bei den Asklepios-Kliniken werden derzeit ausschließlich von der Pressestelle in Hamburg beantwortet.

Bereits Mitte November hatte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund, Kreisverband Goslar, kritisch zu Wort gemeldet. Den steigenden Druck insbesondere auf die Harzkliniken wegen der dort herrschenden Zustände (Personalmangel, ständiger Ärztewechsel, Mangelversorgung von Patienten, sinkende Umsätze) habe der Asklepioskonzern eins zu eins an die Beschäftigten weitergegeben, hieß es da. Sinkende Zahlen von Überlastungsanzeigen sagen nichts aus, wenn bekannt ist, dass auf diejenigen, die eine solche Anzeige stellen, erheblicher Druck ausgeübt wird. Äußert der Betriebsratsvorsitzende sich im Sinne der Beschäftigten, was seine Aufgabe ist, so wird er in einem sogenannten „Offenen Brief“ diffamiert.

Er ruiniere den Ruf des Krankenhauses, wenn er Missstände benenne. Das ist Betriebsrat-Bashing oder -Mobbing ersten Ranges. Es wird in dem Brief gefragt, was „wir uns noch alles vom Betriebsrat gefallen lassen müssen.“ Der Betriebsrat macht also den Stellenplan, schickt das Pflegepersonal im Urlaub zur Arbeit und macht Druck auf KollegInnen, auch krank zur Arbeit zu kommen?

Selbst sein Widerstand gegen das ständige Versetzen von KollegInnen in andere Abteilungen, das einen geregelten Ablauf im Krankenhaus immer wieder erschwert, wird ihm als Verweigerungshaltung vorgeworfen. Wer immer den Brief geschrieben hat, weit entfernt von der Geschäftsführung ist die Person bestimmt nicht zu finden. „Waschen ohne Wasser“ als medizinische Errungenschaft? Schlimmer geht’s nimmer! Man kann nur hoffen, dass die Beschäftigten des Krankenhauses nach wie vor Ursache und Wirkung erkennen und sich, wie in anderen Kliniken auch, endlich im Sinne guter Pflege auf die Hinterbeine stellen und sich nicht durch schön geredete Verhältnisse blenden lassen.

Es könne nicht angehen, dass nach Goslar auch noch das Krankenhaus in Seesen durch den Asklepios-Konzern ruiniert werde. Der Betriebsrat der Asklepios-Kliniken in Seesen selbst hatte sich bisher noch nicht zu dem Thema geäußert.

Indes klagen weiterhin die Mitarbeiter über Überlastung. Beispielsweise würden Ausfälle von Pflegekräften bei Schwangerschaften oder aber Mitarbeiter, deren Verträge ausgelaufen sind, einfach nicht ersetzt.

Das führt zu Unterbesetzung der einzelnen Stationen und damit zu einer nicht mehr adäquaten Patientenversorgung. In einigen Abteilungen wird die Unterbesetzung mittlerweile durch eine sogenannte „Bettensperre” kompensiert.uk