Gymnasiasten zwischen Unterricht vor Ort und Lernen zu Hause

Die ersten Schüler sind ans Jacobson-Gymnasium zurückgekehrt / Zwei Wettbewerbe gibt es auch

Dieses Foto zeigt die alte Normalität aus besseren Zeiten – ohne Abstandsregeln. Solche Aufnahmen sind derzeit undenkbar. Der Start mit nur einem Jahrgang im Kurssystem ist laut Schulleiter Stefan Bungert „geräuschlos“ verlaufen.
Aktuell sind es eher solche Kontrastfotos, die zum Schulalltag im Jacobson-Gymnasium gehören.

Seesen. Ein Stück weit entspannter als seine Kollegen an der Oberschule Seesen ist Stefan Bungert, Schulleiter des Seesener Jacobson-Gymnasiums. Durch die Rolle rückwärts in Niedersachsen in Bezug auf das Abitur – jetzt wieder nach 13 Schuljahren – gibt es in Seesen in diesem Jahr keine Abiturprüfungen. „Für uns ist es eine verhältnismäßig komfortable Situation“, so Stefan Bungert. Zum Vergleich: An der Oberschule Seesen wurden am Montag die mündlichen Englischprüfungen von den 132 Prüflingen absolviert. Doch die Herausforderung, einen Schulalltag mit Hintergrund der Corona-Krise zu managen, bleibt aber auch am Jacobson-Gymnasium Seesen (JGS). So gilt auch hier – Unterricht vor Ort – aktuell für die 12. Klassen – und für den Großteil der Schüler Lernen zu Hause. Auch das will organisiert sein.

Gymnasium setzt auf Intranet-Portal IServ

Vom Niedersächsischen Kultusministerium wurde verfügt, dass ab dem 22. April von der Schule das verbindliche „Lernen zu Hause“ oder das verbindliche „Arbeiten zu Hause“ organisiert werden muss. Dazu werden die Schüler, koordiniert durch die Schule, mit Lernaufgaben versorgt. Wie die Oberschule Seesen setzt auch das Jacobson-Gymnasium auf das Intranet-Portal „IServ“. Mittels eines Messengermoduls gibt es unter anderem die Möglichkeit zur Echtzeitkommunikation – sowohl im Einzelgespräch als auch in der Gruppe – und auch das Videokonferenztool ist bereits freigeschaltet. Dadurch sollte zum einen der Austausch der Fachlehrkräfte mit ihren Lerngruppen über die Aufgabenbearbeitung einfacher werden, zum anderen sind damit auch neue Formate beim Fernunterricht möglich. Auf eines weist auch der Schulleiter in diesem Zusammenhang hin, die Erwartungshaltung sollte nicht überzogen sein. Denn es ist kein gleichwertiger Ersatz für den Präsenzunterricht in Seesen. „Umso wichtiger ist in der augenblicklichen Situation gegenseitiges Verständnis füreinander. Das betrifft sowohl technische als auch hier und eventuelle inhaltliche Defizite, die sich im jetzigen, für uns alle neuen Kontext zwangsläufig ergeben“, heißt es in dem Rundbrief an die Schüler und Eltern.

Der (vorläufige) Zeitplan sieht die schrittweise Rückkehr der Schüler vor. Begonnen wurde in diese Woche mit den 12. Klassen. Am 18. Mai sollen dann die Klassen der Jahrgangsstufe 9 und 10 folgen. Ende Mai bis Mitte Juni kehren dann die restlichen Schüler zurück, die letzten werden die Fünft- und Sechstklässler sein. Aktuell besuchen insgesamt 550 Schüler das Jacobson-Gymnasium. Die Klassen wurde in zwei Gruppen geteilt. Es erfolgt ein wochenweiser Wechsel. Heißt, in einer Woche sind die Schüler der Gruppe A von Montag bis Freitag vor Ort, in der darauffolgenden lernen sie zu Hause und die Gruppe B wird in der Schule unterrichtet. 

Richtwerte für die tägliche Lernzeit zu Hause gibt es

Das Kultusministerium hat Richtwerte für die tägliche Lernzeit herausgegeben. Für die Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 sind das täglich vier (Zeit-)Stunden. Umgerechnet pro Woche heißt das für die Neunt- und Zehntklässler, dass sie beispielsweise für ein Fach, das mit vier Stunden im Stundenplan steht, mit Aufgaben für 160 Minuten versorgt werden sollen. Die Lehrer müssen bei der Aufgabenstellung die individuellen und besonderen Lernvoraussetzungen berücksichtigen, sodass die Aufgaben möglichst selbstständig ohne elterliche Unterstützung zu bewältigen sind, ist in den Hinweisen für die Schülern und Eltern für das Lernen zu Hausen zu finden. Lässig an die ganze Sache sollten die Schüler eher nicht herangehen, denn grundsätzliche können häusliche mündliche und schriftliche Beiträge bewertet werden. „Voraussetzungen dafür sind eine Lernbegleitung durch die Lehrkraft und die Sicherstellung der Eigenständigkeit der Leistung“, heißt es in den Hinweisen.

JGS-Corona-Challenge ist erfolgreich gestartet

Fakt ist aber auch, der Sportunterricht bis Klassenstufe 10 ist aktuell erst einmal aus dem Lehrplan gestrichen. Da Kontaktsportarten, wie Basketball, nicht möglich sind, kann es für die Oberstufe nur Sportunterricht mit erhöhtem Theorieanteil geben. Doch Lehrer Felix Brandt, der am JGS Sport und Mathematik unterrichtet, hat sich einen besonderen Wettbewerb überlegt, nämlich die JSG-Corona-Challenge. Bis zum 30. Mai hat jeder Zeit, möglichst viele Kilometer auf dem Rad, auf Inlinern oder einfach auf den Beinen zu sammeln. Es kann jederzeit angefangen werden. Wie schnell man dabei ist, ist egal. Sportsachen überziehen, GPS-Tracker an und raus an die frische Luft. Am Ende der Einheit soll jeder ein Foto von den absolvierten Kilometern hochladen, die wird Felix Brandt in eine Tabelle eintragen. Der Spaß an der Bewegung soll im Vordergrund stehen. Um jeden Kilometer vergleichbar zu machen, werden die möglichen Ausdauersportarten mit verschiedenen Faktoren verrechnet. Heißt, jeder gelaufene Kilometer mit einem Faktor von 1 (auch Wandern oder Spazierengehen zählt), jeder mit Inlinern gefahrene Kilometer mit einem Faktor von 0,5 und jeder mit dem Rad gefahrene Kilometer mit dem Faktor 0,25. Wer vier Aktivitäten hochlädt, bekommt eine kleine Aufmerksamkeit, die Jahrgangsbesten werden sogar prämiert. Dem nicht genug, auch Duelle Schüler gegen Lehrer sind möglich: Wer ein bisschen mehr Wettbewerb will, hat die Möglichkeit, eine Lehrkraft seiner Wahl nach dem Prinzip „wer schafft mehr“ herauszufordern. Als Wetteinsatz kann dabei alles genutzt werden: Kuchen backen, Fingernägel lackieren oder einfach eine besondere Ansprache, wenn man sich dann endlich in der Schule wiedersieht. Die Idee kommt bereits sehr gut an.

Englischwettbewerb diesen Freitag dann online

Damit in den schwierigen Zeiten die traditionellen Dinge nicht auf der Strecke bleiben, nimmt das JSG in diesem Jahr auch wieder am europaweiten Englisch-Wettbewerb „The Big Challenge“ teil. Mit einer Besonderheit: Aufgrund der aktuellen Situation wird dieser nunmehr flächendeckend in den Jahrgangsstufen 5 bis 9 laufen, weil die Schule die Möglichkeit hatte, auf die Online-Teilnahme umzusteigen. „Auch das ist ein sinnvolles Format digitalen Arbeitens in diesen Zeiten“, unterstreicht Stefan Bungert.

Alle Schüler der Jahrgänge 5 bis 9 sind für den Wettbewerb angemeldet. Dieser wird am kommenden Freitag, 15. Mai, durchgeführt. Dafür müssen sich die Schüler zwischen 9 und 16 Uhr Zeit für den Wettbewerb nehmen, die Teilnahme dauert maximal 45 Minuten.

Berufsorientierung für die Elftklässler per App

Besondere Umstände erfordern kreative Lösungen. Und genau das ist auch für das große Modul zur Berufsorientierung in der Jahrgangsstufe 11 gelungen. So wird „BEREIT", dabei handelt es sich um ein einwöchiges Kompetenzfeststellungsverfahren mit externen Trainern, das der Landkreis, die Arbeitsagentur und die Allianz für die Region finanzieren, eben online absolviert. Per App. Kostenlos. „Im Zusammenhang mit dem Berufsweg-Parcours haben wir das Programm und das Hintergrund-Portal im Januar bereits in den Jahrgängen 9/10 als Pilotschule getestet und ein recht positives Feedback von den Schülern bekommen“, berichtet Stefan Bungert. Daher lag es nahe, dies nun den Elftklässlern anzubieten. Neben einer dynamischen Kompetenzfeststellung, die mit den Schülerinnen und Schülern „mitwächst", soll sie möglichst niedrigschwellig Kontakte zwischen Betrieben und Schülerinnen und Schülern, die einen Praktikums- oder Ausbildungsplatz suchen, anbahnen, so der Schulleiter.

Die Herausforderungen bleiben. Bedenken mit Blick in den Kalender äußert Stefan Bungert im Gespräch bereits. Zwar werden Mitte Juni – aufgrund des Modells – nur die Hälfte der Seesener Gymnasiasten – also gut 275 – vor Ort sein, jedoch müssen Abstandsregeln und Hände waschen weiter streng eingehalten werden. „Wenn wir morgens alle Hände waschen und die Abstandsregel achten, was wir selbstverständlich tun, stehen unsere Schüler bis in die Kernstadt“, gibt Stefan Bungert einen Ausblick. Auch dafür muss es eine Lösung geben.syg