„Hintergrund für die Schließung ist schlechte wirtschaftliche Gesamtsituation der Klinik“

Klink-Sprecher Ralf Nehmzow zu den Gründen: „Wir haben daher eine besondere gesellschaftliche Verantwortung, wirtschaftlich „gesund“ zu bleiben, die wir sehr ernst nehmen...“

Seesen. Der Schock sitzt tief – und das nicht nur bei den Mitarbeitern der Rehaklinik in Seesen. Am späten Montagabend, als die Gespräche zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beendet waren, machte die Nachricht bereits in den sozialen Netzwerken die Runde. Was viele befürchtet haben, ist nun bittere Wahrheit. Die Reha-Klinik soll geschlossen werden, und zwar bereits Ende Februar 2021.

COVID-19-Pandemie und ein schwerer Wasserschaden...

Wie Asklepios-Sprecher Ralf Nehmzow dem „Beobachter“ am Dienstag mitteilte, sei es richtig, dass man die Absicht geäußert habe, den Betrieb der Reha in Seesen nach der deutlich eingeschränkten Geschäftstätigkeit in den vergangenen Monaten nicht wieder hochzufahren. Gleichzeitig habe man mit dem Betriebsrat Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Ziel aufgenommen, den Betrieb nicht fortführen zu wollen. Hintergrund dafür sei die schlechte wirtschaftliche Gesamtsituation der Klinik.

„Diese hat sich im laufenden Jahr, neben den scharfen wirtschaftlichen Einschnitten infolge der COVID-19-Pandemie, durch einen schweren Wasserschaden und die unerbittlichen Streikmaßnahmen, zu denen die Gewerkschaft ver.di in voller Kenntnis der schwierigen wirtschaftlichen Verfassung des Unternehmens ohne Unterlass aufgerufen hat, in einer Weise zusätzlich verschärft, die nun keine andere Option mehr zulässt.“

Nehmzow erklärt weiter: „Wir bedauern diese Entwicklung sehr. Wir bitten um Verständnis, dass wir während der Verhandlungsphase mit dem Betriebsrat über den Interessenausgleich und Sozialplan aktuell keine weiteren Details sagen können. Wir möchten aber deutlich betonen, dass die Akut-Klinik in Seesen, für die es im Gegensatz zur Rehaklinik einen öffentlichen Versorgungsauftrag gibt, davon nicht betroffen ist. Im Gegenteil für die Akut-Klinik sehen wir auch weiterhin deutliches Wachstums- und Entwicklungspotenzial“. Es sei allgemein bekannt und völlig unbestritten, dass Reha-Kliniken in Deutschland durch den deutlichen Rückgang der Behandlungen im Zuge der Pandemie sich aktuell in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befänden – Seesen bilde da keine Ausnahme. Die Asklepios Reha-Klinik in Seesen sei angesichts der sich nun erneut verschärfenden Corona-Pandemie weiter in Schieflage geraten.

Das Thema „Reha-Kliniken“ werde von außen stark emotional aufgeladen, sei aber wesentlich vielschichtiger und komplizierter als für Außenstehende auf den ersten Blick ersichtlich.

„Denn Tatsache ist nun einmal, dass wir uns lediglich im Rahmen der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen bewegen können. Die Zahl der in Deutschlands Reha-Einrichtungen versorgten Patientinnen und Patienten ist im April und Mai dieses Jahres pandemiebedingt um bis zu 70 Prozent zurückgegangen”, so Asklepios in einem Statement gegenüber unserer Zeitung.

Im Juni und Juli seien im Vergleich zum Vorjahr rund 30 Prozent weniger Reha-Maßnahmen durchgeführt, melden die Verbände. Einen vergleichbaren Rettungsschirm wie für die Akutkliniken gebe es nicht.

Hinzu kommt laut Asklepios: Reha-Kliniken wie die in Seesen unterliegen ganz anderen Finanzierungsgrundsätzen, werden nicht refinanziert, die Investitionen müssen hier zu 100 Prozent selbst erwirtschaftet werden. Öffentliche Kliniken würden auch dann nicht „pleite“ gehen, wenn sie tiefrote Zahlen schreiben. Ein Privatunternehmen könne im äußersten Fall hingegen sehr wohl insolvent gehen, erläutert Nehmzow.

„Wir haben daher eine besondere gesellschaftliche Verantwortung, wirtschaftlich ‘gesund’ zu bleiben, die wir sehr ernst nehmen. Das sollte jedem einleuchten!“ Niemand werde die Situation also nun überraschen, im Gegenteil: „Wir haben wiederholt und transparent dargestellt, wie brisant die Lage ist. Vor diesem Hintergrund hatte die Geschäftsführung unlängst Vertreter des Wirtschaftsausschusses der Einrichtung entsprechend über die Misere der Rehaklinik informiert und den Betriebsrat zur Aufnahme von Interessensausgleichs- und Sozialplanverhandlungen für die Belegschaft aufgefordert.“

Nehmzow abschließend: „Kritikern sei auch erneut gesagt: Asklepios ist ein Familienbetrieb und keine Aktiengesellschaft. Es gibt also keine Aktionäre, sondern der Eigentümer investiert den Großteil wieder in die Häuser der Asklepios-Gruppe. Auch die Reha-Klinik wurde wirtschaftlich von der Asklepios-Gruppe mitgetragen. Allein in den vergangenen Jahren haben wir Investitionen in Millionenhöhe aus den Einnahmen der Vorjahre in Seesen getätigt, um dort die Kliniken weiter auszubauen sowie modern und zukunftssicher aufzustellen. Fest steht: Wir stehen fest zu unserem Versorgungsauftrag in der Harz-Region!“uk