„Ihr seid Jacobson!”

Abiturentlassungsfeier am Jacobson-Gymnasium / Marie Luise Ahrens mit Notendurschnitt 1,0

Schulleiter Stefan Bungert überreichte die Zeugnisse und Auszeichnungen. Das beste Abitur in diesem Jahr legte Marie Luise Ahrens (im blauen Kleid) mit der Traumnote 1,0 ab.

Seesen. Mit der Jazz-Etüde Nr. 15 von Milan Dvorák, die Carlo Zechmann am Klavier spielte, wurde die Abiturentlassungsfeier am Freitag heiter musikalisch eingeleitet. Es sollte eine lange Abschlussfeier folgen, mehr als zwei Stunden lang dauerten die Redebeiträge, Musikstücke und Zeugnisübergaben mit Auszeichnungen an. Insgesamt haben in diesem Schuljahr 44 junge Damen und Herren aus der Region ihre Reifeprüfung bestanden.

Zunächst nahm Oberstufenkoordinator Wilfried Reimer die Begrüßung vor, bevor dann Schulleiter Stefan Bungert das Wort ergriff. „Die Überschrift, unter die ich meine Gedanken zu Eurem Abitur stelle, ist entstanden, indem ich das Motto der Projektwoche, die wir im kommenden Herbst der 250. Wiederkehr des Geburtstages von Israel Jacobson begehen werden, auf Euch, den Abiturjahrgang 2018 des Jacobson-Gymnasiums beziehe”, leitete Bungert seine Rede ein.

In dieser Projektwoche solle sich insbesondere mit der Frage auseinandergesetzt werden, welchen Stellenwert die Ideale des Schulgründers Israel Jacobson im gegenwärtigen Jahrhundert noch haben.

Dabei stellte Bungert die Frage, ob das alte „Humboldtsche Bildungsideal”, dem der Bildungsauftrag des Gymnasiums unterliege, heute überhaupt noch zeitgemäß sei. Provokativ warf er kurz darauf die Frage ins Publikum: „Hat das klassische Gymnasium nicht vielleicht allmählich ausgedient?!”

Seiner Ansicht nach sei das definitiv der Fall – mit Blick auf die Tatsache, dass das Gymnasium früher als ein „Garant für gesellschaftlichen Aufstieg” gegolten habe. Heute habe es vielmehr die Aufgabe, unterschiedliche Herkünfte, Begabungen und soziale Schichten „zu synchronisieren”. Auch soziale Integration, Inklusion und das Herstellen von Gerechtigkeit seien darin inbegriffen. Ziel solle es sein, junge Menschen unter anderem medienkritisch und sozialkompetent in die Gesellschaft zu entlassen.

Bungert distanzierte sich dabei von anderen Schulformen, die ihre Lernprozesse „durch unmittelbare Nützlichkeit legitimieren”. Es gehe um das „Primat des Kognitiven” und die „explizite Fachlichkeit” in seiner Schulform, dem Gymnasium. Dies sei neben einer Vielzahl von Fächern wesentlich wichtiger für das Weltverstehen, was das Gymnasium nach Humboldt lehren solle. Dabei spiele die Beherrschung der Sprache eine wichtige und unabdingbare Schlüsselrolle, da auch die Mehrsprachigkeit als Merkmal des Gymnasiums gelte.

Bungert gab sich erfreut, dass dem folgenden ersten G9-Jahrgang ab seinem Eintritt in die Oberstufe Spanisch unterrichtet werden könne. Des Weiteren sei auch die Hinführung auf wissenschaftliche Arbeits- und Denkweisen, wie sie für ein Studium vonnöten sind, unverzichtbar am Gymnasium. Da die dortigen Lehrkräfte eigentlich über eine Sachkenntnis verfügen müssen, die über den Unterricht hinausreiche, entspreche dies für Bungert ebenfalls dem Humboldtschen Bildungsideal.

Da das Abitur laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung als „zuverlässigste Hochschulzugangsberechtigung” gelte, sei belegt, dass das klassische Gymnasium nach Humboldt nicht ausgedient habe.

Als Zwischenfazit stellte der Schulleiter fest, dass mit dem Abschluss des allgemeinbildenden Gymnasiums „bei weiterem höhere Erfolgschancen im Studium einhergehen als andere Zugangswege wie beispielsweise der Besuch von Fachgymnasien und Fachoberschulen sie ermöglichen”, womit er erneut die von ihm vertretene Schulform lobt. Bungert blieb beim Loben und kam auf die besten Abiturienten zu sprechen.

Acht Schüler haben demnach eine „Eins” vor dem Komma und 14 einen Schnitt von 2,5 oder besser. Letztlich gab es 13 Schüler „immerhin noch mit einer zwei vor dem Komma”. Besonders betonte der Schulleiter dabei noch, dass sieben Schüler im Rahmen einer freiwilligen Nachprüfung den Ehrgeiz bewiesen, ihren Durchschnitt zuletzt noch einmal um ein Zehntel zu erheben.

Im weiteren ging Bungert der Frage nach, ob sich denn für die digitale Gesellschaft des 21. Jahrhunderts überhaupt noch ein humanistisches Bildungsideal formulieren könnte. Seiner Meinung nach müsse auch in der Schule der Umgang mit Digitalisierung und neuer Technik gelehrt werden. Entgegen vieler Ansichten seien Jugendliche längst nicht so vertraut mit der Technik wie angenommen. „Weder beherrschen die die damit verbundenen Technologien zwingend besser als Erwachsene, noch nutzen sie diese Technologien unbedingt besonders exzessiv”.

Dinge wie Filmproduktion, Recherchieren, Bloggen oder auch das Googeln zum Beispiel würden junge Menschen selten bis gar nicht beherrschen. Bungert belegt dies mit einer Studie der British Library, in der es heißt: „Die ‘Netzgeneration’ weiß kaum, wonach sie suchen soll, sie überliest die Funde nur flüchtig und tut sich schwer, deren Relevanz einzuschätzen.” Um in dem Urwald an Information, die das Internet bietet, einen Weg zur konstruktiven Informationsbeschaffung zu finden, sei Grundwissen, Urteilskraft und Selbstdisziplin notwendig. Bungert bedauerte gleichzeitig den zu hohen Mangel an Fachkräften, als dass Informatik als verbindliches Schulfach eingeführt werden könne. Sinnvoll sei in seinen Augen dabei aber auch, jenes Fach mit Philosophie zu unterlegen, sodass eine zeitgleiche „Aufklärung über die Auswirkungen der Invasion des Digitalen” stattfinden könne. Bungert sei wichtig, dass sowohl die Technologien beherrscht als auch kritisch hinterfragt werden können.

Zusammenfassend sah Bungert die Hauptaufgabe seiner Schule darin, junge Menschen dem Leitbild Jacobsons entsprechend „im Sinne der Aufklärung zu mündigen Persönlichkeiten zu erziehen”. Resultierend sollen diese imstande sein, die Gesellschaft demokratisch mitzugestalten. Dies veranlasste Bungert dazu, den Satz „Ihr seid Jacobson!” noch einmal zu wiederholen.

Den Schülern und Eltern gratulierte er herzlich zum bestandenen Abitur.

Im Anschluss daran wurden Grußworte von der Eltern- und der Schülerschaft, den Lehrkräften und dem Abiturjahrgang von 1958 vorgenommen. Kerstin Probst überrachte als Vorsitzende des Schulelternrates die Grußworte, während Greta Lücke und Frederic Müller anschließend sprachen. Beide sind Mitglieder des Schülerrates und besuchen den elften Jahrgang.

Mentor René Kürbitz fand ebenfalls sehr launige Worte. Zuletzt traten Gerd Bergmann und Günther Nebelung für den Abiturjahrgang 1958 auf die Bühne. Sie erinnerten sich an ihre Abizeit und wünschten den frisch gebackenen Abiturienten 2018 viel Erfolg auf ihrem weiteren Weg.

Das Sprecherteam des Abiturjahrgangs mit Freya von Petersdorff-Campen, Marie Luise Ahrens und Niklas Kraemer präsentierte daraufhin ihren Redebeitrag der Abiturientien 2018 mit dem Titel „Träume”. Anschließend gab es eine Bilderschau mit Erinnerungen an die Schulzeit.

Vor der Vergabe der Abschlusszeugnisse wurde noch die Würdigung besonderer Leistungen vorgenommen. Begonnen wurde mit der des Schulsanitätsdienst, die an Yasmin Kuwer ausgehändigt wurde. Alina Haustow, Anke Hillmer und Anastasia Sander wurden für ihr Engagement in der Theater-AG gewürdigt.

Im Folgenden wurden jeweils die Besten in den betreffenden Fachbereichen mit Urkunden, Buchpreisen und Mitgliedschaften ausgezeichnet. Anke Hillmer erhielt dabei die Mitgliedschaft im Verein Deutscher Sprache für ihre Leistungen im Fachbereich Deutsch. Im Fachbereich Mathematik erhielten Marie Luise Ahrens, Niklas Kraemer und Julius Matz eine Mitgliedschaft in der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Im Fachbereich Chemie erhielt Marie Luise Ahrens eine Mitgliedschaft in der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Sie und Niklas Kraemer erhielten zudem eine Mitgliedschaft in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

Wilfried Reimer händigte anschließend die Teilnahmebescheinigungen am Projekt „Polis” und am bilingualen Unterricht aus. Für ein Abitur unter 1.5 erhielten Julius Matz, Laura Böckem, Joana Oppermann, Niklas Kraemer und Marie Luise Ahrens ein Online-Stipendium. Das Stipendium der Glemser Stiftung für das beste Abitur ging in diesem Jahr an Marie Luise Ahrens für ihr Abitur mit einem traumhaften Notendurchschnitt von 1,0.uk