Kita-Affäre: 430.000 Euro Schaden durch Betrug und Veruntreuung

Ermittlungen gehen dem Ende entgegen: Gegen Ex-CDU-Chefin Sabine Wendt besteht ein Tatverdacht wegen Untreue in über 500 Fällen und Betruges in weiteren zehn weiteren Fällen zum Nachteil des DRK–Ortsvereins Münchehof

Vor einem Jahr kam der Stein ins Rollen: Die ehemalige Münchehöfer Kita-Leiterin soll über Jahre hinweg das DRK als Träger der Einrichtung um Tausende von Euro betrogen haben. Sie wurde von ihrer Tätigkeit im November 2019 freigestellt.

Es war vor einem Jahr Ende Mai, als die Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungen gegen die ehemalige Leiterin des Münchehöfer DRK-Kindergartens und Vorsitzende der CDU Seesen, Sabine Wendt, eingeleitet hatte. Die Ermittlungen beruhten seinerzeit auf einem Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Seesen. Hier waren Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Die Kita-Affäre überschattete vor Jahresfrist die Bürgermeisterwahl in Seesen.

Seesen. Der „Beobachter“ hat bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig nachgefragt, wie der Stand der Ermittlungen aussieht und wann der Prozess beginnt. Wie Julia Meyer, Erste Staatsanwältin und Pressesprecherin mitteilt, gibt es noch keinen Gerichtstermin, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind.
Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen besteht gegen Sabine Wendt ein Tatverdacht wegen Untreue in über 500 Fällen und Betruges in weiteren zehn Fällen zum Nachteil des DRK-Ortsvereins Münchehof.

Die Taten beziehen sich auf den Zeitraum vom Mai 2014 bis Ende September 2019. Einige Taten aus dem Jahr 2013 könnten mittlerweile verjährt sein. Der Gesamtschaden beziffert sich aktuell auf einen Betrag in Höhe von über 430.000 Euro, hieß es seitens der Staatsanwältin.

Wie der „Beobachter“ berichtete, hatte Sabine Wendt die Taten zunächst bestritten, sprach von Fehlbuchungen und kleinen Irrtümern. So hatte sie auch immer wieder und auf Nachfrage ihrer Parteikollegen versucht, die Taten zu vertuschen.

Erst als die Beweislast zu groß wurde, knickte die ehemalige Kindergartenleiterin ein. Inzwischen ist sie alle Posten los, nicht mehr im Kiga tätig und auch aus der Partei ausgetreten.

Erik Homann: „Ich persönlichbin über dieses extrem dreiste Vorgehen entsetzt!”

Dass sie auch nach den ersten öffentlich gemachten Verdächtigungen im Mai 2019 weitere Betrügereien und Untreuehandlungen offenbar nicht unterließ, wirft ein bizarres Licht auf den ohnehin schon unglaublichen Fall, der das DRK Münchehof und den gesamten Stadtrat in seinen Grundfesten erschütterte.

Bürgermeister Erik Homann reagierte auf Nachfrage unsrer Zeitung gestern mit folgenden Worten: „Wir wurden bereits vor einiger Zeit vom DRK-Ortsverein über den Verdacht unterrichtet, dass Frau Wendt auch noch nach Bekanntwerden des Vorwurfes Gelder veruntreut haben soll. Ich persönlich bin über dieses extrem dreiste Vorgehen entsetzt und habe vollstes Vertrauen in unseren Rechtsstaat und die Staatsanwaltschaft, das gesamte Ausmaß des Betruges und der Veruntreuung ans Licht zu bringen und Frau Wendt entsprechend zu verurteilen“.

Auch CDU-Fraktionsvorsitzender Rudi Götz, der Wendt in den ersten Wochen nach Bekanntwerden der Vorwürfe noch Rückendeckung gegeben hatte, aber ebenso von ihr belogen wurde, erklärte: „Durch Kenntnis dieses umfassenden Sachverhalts wird nochmal ein Schlaglicht darauf geworfen, dass wir es hier mit einer sehr dreisten Form der Untreue und des Betruges zu tun hatten. Darüber hinaus wurden viele Menschen verletzt und sehr enttäuscht!“
Patrick Kriener: Schaden der Stadt klären und die Frage nach einem weiteren Verfahren.

Patrick Kriener von der SPD in Seesen, der seinerzeit den Prüfbericht auf bis heute ungeklärte Weise erhielt und ihn dann der Polizei übergab, hat weitere Fragen: „Wir sind froh, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nun zum Abschluss gekommen sind. Durch Anklageerhebung ist ein Ende und eine rechtliche Würdigung nun absehbar. Natürlich sind wir weiterhin gespannt, wie es überhaupt dazu kommen konnte solche Summen über einen so großen Zeitraum zu veruntreuen und welche Prüfmechanismen hier derartig versagt haben. Bisher haben wir darüber leider noch keine dem Fall würdigende Auskunft erhalten. Für die SPD in Seesen muss abschließend natürlich noch geklärt werden, wie hoch der Schaden seitens der Stadt Seesen beziffert wird und ob hier seitens der Stadt ebenfalls ein Verfahren gegen Sabine Wendt eröffnet werden soll“.

Erst einmal müssen jetzt seitens der Staatswanwaltschaft die Ermittlungen gegen Sabine Wendt abgeschlossen sein. Staatsanwältin Julia Meier geht hierbei von einem Zeitraum von noch rund vier bis sechs Wochen aus. Wann es dann zur Anklage kommt, ist noch offen.uk