Kmiec: „Die Geschäftsführung hat uns ins Gesicht gelogen“

Seit dem 1. September ist die Reha-Invest GmbH nicht mehr Teil des Betriebes / Das sorgt für mächtig Ärger

Das Seesener Krankenhaus setzte sich bisher aus drei Betrieben zusammen – aus der Asklepios Klinik Sobernheim, aus der Asklepios Stadtkrankenhaus Seesen GmbH und aus der Reha-Klinik Schildautal Investgesellschaft mbH. Letztere wurde nun aus dem Verbund herausgelöst.

Seesen. Montagnachmittag, 31. August, um 13.30 Uhr. Ausschusssitzung des Betriebsrates der Asklepios Klinken Schildautal. Die Geschäftsführung betritt den Raum. Was dann verkündet wird, macht fassungslos und sorgt nun für mächtig Ärger. Seit dem 1. September ist die Reha-Klinik Schildautal Investgesellschaft mbH nicht mehr Teil des gemeinsamen Betriebes. Sie wird nunmehr eigenständig geführt. Dieses Vorgehen schildert der Betriebsratsvorsitzende Oliver Kmiec auf Anfrage des „Beobachter“. Er weist auf eine entscheidende Sache hin. Der Betriebsrat wurde erst zu diesem Zeitpunkt davon in Kenntnis gesetzt. Ein Politikum. „Die Geschäftsführung hat uns ins Gesicht gelogen“, unterstreicht Kmiec. Denn laut Betriebsverfassungsgesetz ist der Arbeitgeber dazu verpflichte, das Gremium frühzeitig ins Boot zu holen. Das blieb in dem Fall offenbar aus.

Zur Einordnung: Das Seesener Krankenhaus setzte sich bisher aus drei Betrieben zusammen – aus der Asklepios Klinik Sobernheim, aus der Asklepios Stadtkrankenhaus Seesen GmbH und aus der Reha-Klinik Schildautal Investgesellschaft mbH.  Alle drei wurden bis zum 31. August als „Gemeinschaftsbetrieb“ geführt. Heißt, unter anderem eine Geschäftsführung, eine Pflegedienstleitung und ein gemeinsamer Betriebsrat, der die Belange von 740 Beschäftigten vertritt. Durch die Abspaltung werden auf einen Schlag 75 Beschäftigte aus der Betriebsratsverantwortung herausgelöst. Denn eine neue Gesellschaft bedeutet, dass diese auch einen eigenen Betriebsrat gründet, wie es jüngst die Therapeuten nach der Ausgliederung getan haben.

Besonders prekär an der Sache: Der Betriebsrat befindet sich bekanntlich nicht nur im Kampf um einen Tarifvertrag in Anlehnung an den öffentlichen Dienst, sondern auch vor der Einigungsstelle, um die Eingruppierung für die Beschäftigten zu verhandeln, der „Beobachter“ berichtete. Darüber hinaus betont die Geschäftsführung immer wieder, dass der Betriebsrat ihr einziger Verhandlungspartner sei. Laut ver.di-Gewerkschaftssekretär Patrick von Brandt ist dieses Vorgehen in Seesen in der Region beispielslos: „Diese Art und Weise seitens der Geschäftsführung ist Ausdruck von arroganter Konzernmacht: Die Belegschaft zusammen mit dem Betriebsrat vor vollendete Tatsachen zu stellen, ist das Gegenteil von „vertrauensvoller Zusammenarbeit“.

Wie Dr. Franz Jürgen Schell, Medizinischer Pressesprecher Asklepios Kliniken GmbH, auf Anfrage mitteilt, sei der Trennung beider Kliniken „ein länger laufender Prozess vorangegangen, bei dem die betrieblichen Strukturen und Steuerelemente den jeweiligen Einrichtungen sauber zugeordnet wurden“. Dieser Prozess, der lange vor Beginn der aktuellen Verhandlungen über die künftige Vergütungsstruktur in Seesen begann, ist mit der nun erfolgten Herausnahme der Reha abgeschlossen“. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass dem Betriebsrat seitens der Geschäftsführung termin- und fristgerecht über die Trennung und über die Hintergründe informiert wurde. Ein Umstand, der beim Vorsitzenden und seinen Mitstreitern nur Kopfschütteln hervorruft.

„Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die betrieblichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten“, heißt es dazu im sechsten Abschnitt des Betriebsverfassungsgesetzes. Und genau dies ist offenbar trotz zweimaliger Nachfrage nicht erfolgt. Erstmals gefragt wurde im Rahmen der Sitzung des Konzernbetriebsrates am 11. August. Zu Gast auf Arbeitgeberseite war Karsten Pape, Direktor für Personalmanagement. Er konnte und wollte sich dazu nicht äußern. Laut Betriebsrat erneuerten sie ihre Frage nach strukturellen Veränderungen noch einmal am 24. August, also eine Woche vor der Mitteilung seitens der Geschäftsführung. Dieses wurde klar verneint, was Oliver Kmiec zur Aussage mit dem „ins Gesicht gelogen“ bewegt.

Fakt ist: Die Geschäftsführung hat laut Betriebsrat mit ihren kommuniziert, dabei ging es aber um ganz andere Dinge in puncto Reha und definitiv um keine Abspaltung. Die Reha-Klinik war laut Pressesprecher Schell schon immer ein separater Betrieb, was bei der bisherigen Form aber nicht so deutlich wurde und zu Verwirrung führte. Jetzt ist die von Gesetzes wegen geforderte Einzelbetrachtung der Gesellschaften erleichtert und transparent. Dass es eine buchhalterische Veränderung geben wird, wurde dem Betriebsrat mitgeteilt. Auch die zweite Sache, die der Pressesprecher auf Anfrage benennt:

„Grundsätzlich soll die Rehaklinik weiter gestärkt werden, so suchen wir einen eigenen Chefarzt“. Jedoch wurde die andere Personalie offenbar nicht erwähnt: Gesucht wird auch eine Abteilungsleitung in der Pflege, die sich hauptamtlich um die Weiterentwicklung der Rehaklinik kümmern soll.
Eine Änderung der Geschäftsführung gibt es nicht. Heißt, diese blieben Sebastian von der Haar und Adelheid May. Allerdings wird die Steuerung der Reha in personellen und sozialen Angelegenheit künftig von Felix Sasse wahrgenommen, der mit der Reha-Klinik vertraut ist.

Fakt ist, der Betriebsrat lässt sich das nicht bieten. Der Anwalt ist eingeschaltet, notfalls zieht er vor Gericht. Überprüft werden soll, ob Asklepios strukturelle Voraussetzungen geschaffen hat, um solch eine Abspaltung vornehmen zu können. Sollte der Betriebsrat vorsätzlich getäuscht werden? Eine Frage, die ver.di-Gewerkschaftssekretär Patrick von Brandt umtreibt.

Sehr besorgt zeigt sich auch Patrick Kriener, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins: „Bei diesen aktuellen Spitzfindigkeiten des Konzerns laufen wir Gefahr, dass unser Krankenhaus sukzessive abgebaut wird“. Und der Ortsvereinsvorsitzende dazu weiter: „Mit diesem Schritt will die Geschäftsführung erreichen, dass die Beschäftigten unterschiedlich entlohnt werden. Auch steht die Rentabilität von Akutklinik und Reha-Abteilung auf dem Prüfstand“, so Kriener.
Unterm Strich hat sich durch diese Aktion das Verhältnis zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung nicht gerade verbessert. Im Gegenteil: Gangart und Ton werden schärfer. Zumal ver.di bereits für Anfang Oktober härtere Streiks der Asklepios-Beschäftigten angekündigt hat. Dann geht es auch um die Notdienstvereinbarung. Spannend, was da herauskommt.syg