Kosten und Zeitaufwand für Restaurierung noch nicht absehbar

Die Seesener Quadriga in der Ausstellung im Schlossmuseum Braunschweig im Sommer 2018.

Quadriga muss durch den TÜV endoskopisch untersucht werden, bevor konkrete Aussagen möglich sind Metall-Restauratorin Vera Fendel: „Wir wissen noch nichts über den inneren Zustand!”

Seesen/Braunschweig. Der Zustand der Seesener Quadriga lässt ein öffentliches Aufstellen unter freiem Himmel gegenwärtig nicht mehr zu, heißt es in einer Stellungnahme der Richard Borek Stiftung aus Braunschweig gegenüber dem Seesener Beobachter. In erster Linie fehle die notwendige Standsicherheit. Außerdem seien Teile so stark korrodiert, dass sie wie bereits die Räder des Streitwagens auseinanderzubröseln drohen.

„Wäre die Skulptur weiterhin Wind und Wetter ausgesetzt geblieben, wäre sie auf kurz oder lang komplett zerstört worden. Ob sie den kommenden Winter draußen überstanden hätte, ist nicht zu sagen, aber gefährdet wäre sie allemal gewesen“, erläutert Metall-Restauratorin Vera Fendel gegenüber unserer Zeitung. Aktuell wurde die Quadriga gereinigt und der „erbärmliche Ist-Zustand” vorerst konserviert, teilt die Richard Borek Stiftung als Leihnehmer mit.

„Ich bin der Stiftung in Braunschweig überaus dankbar, dass sie sich der Rettung der Quadriga angenommen hat. Die Entscheidung zur Leihgabe an die Stiftung ist das Ergebnis eines langwierigen Prozesses“, erläutert Insa Spenst, Eigentümerin der Quadriga, die einst auf der Züchner-Villa in Seesen gestanden hatte und mit der der „Beobachter” bereits wärend des Abbaus der Quadriga mehrfach gespochen hatte. Zahlreiche Versuche, die Skulptur mit einer lokalen Lösung zu retten, warem zuvor gescheitert. Nachdem sich keine Lösung abzeichnete, sei ihr das Engagement der Richard Borek Stiftung „wie ein Wunder vorgekommen”.

Mit der Stadt Seesen seien zuvor konkret Lösungsmöglichkeiten durchdacht worden, die die Quadriga den Seesenern öffentlich zugänglich gemacht hätten.

Die unteren Teile der Villa sollten als Ausstellungsfläche für die Geschichte der Firma Züchner dienen, aber auch für kulturelle und städtische Veranstaltungen genutzt werden. Der Park sollte am Wochenende und an bestimmten Wochentagen öffentlich zugänglich gemacht werden. Pläne und eine erste Organisation gab es bereit.

„Der Stadt war aktiv die Leihgabe mit der Auflage zur Restaurierung und der Verpflichtung zur Ausstellung angeboten worden. Es wäre die Wunschlösung gewesen. Leider kam sie nicht zustande“, bedauert Insa Spenst, die sich um eine Versachlichung der mittlerweile „nur auf emotionaler Ebene” geführten Debatte bemüht. „Es geht um die beste Gesamtlösung für die Quadriga, einem kunsthistorisch bedeutenden Objekt“, sagt sie.

Bereits Anfang der 1990er Jahre, damals noch nicht im Eigentum von Insa Spenst befindlich, sei der Zustand der Quadriga katastrophal gewesen. Schon damals wäre eine Restaurierung erforderlich gewesen, aber die horrenden Kosten wurden gescheut und Schwachstellen einfach mit Teer zugekleistert, der erst in diesem Jahr für die Ausstellung im Schlossmuseum Braunschweig entfernt wurde.

Insa Spenst verdeutlicht zudem, dass die Quadriga nie Bestandteil der Villa gewesen sei. „Fritz Züchner hatte die Quadriga der Wilhelmshütte abgekauft, um ihr aus finanziellen Schwierigkeiten zu helfen. Seiner Idee eines Siegestors hat der Ausgang des Ersten Weltkriegs ein Ende gesetzt. Aber einen Markt für Quadrigen gab es auch 1920 nicht. So hatte der Senior zum Entsetzen von Irma und Fritz Züchner die Idee, die Villa Züchner, sein Hochzeitsgeschenk, mit der Skulptur zu schmücken. Gegen den Willen der zukünftigen Bewohner und in deren Abwesenheit wurde die Skulptur kurzerhand auf ein Podest auf das Dach gesetzt. Wohlweislich nicht mit Dach oder Hausstruktur verbunden“, erläutert Insa Spenst.

Der nächste Schritt auf dem Weg zur Restaurierung der Quadriga ist eine endoskopische Untersuchung durch den Technischen Überwachungsverein.

„Erst danach werden wir ein genaues Schadensbild der Skulptur haben. Niemand weiß, in welchem Zustand sich das innenliegende Eisenskelett befindet. Erst wenn das geklärt ist, lässt sich ein Gesamtkonzept zur Restaurierung und eine Kostenschätzung seriös erstellen“, sagt Metall-Restauratorin Vera Fendel.red/uk