Mehr Abenteuer geht nicht!

„Harzer Tajik Rallye Team“ fuhr von Deutschland aus nach Tadschikistan – Ein unvergessliches Erlebnis

Am Ziel ihrer Reise: Andre und Marvin Paul sowie Hans-Jürgen Seeliger und Dennis Sonnenrein in Duchane, der Hauptstadt Tadschikistans. Am 1. September in Rhüden gestartet, wurden innerhalb von 27 Tagen 10.000 Kilometer zurückgelegt, dabei elf Länder passiert und für beide Autos 2.000-Liter-Benzin benötigt.

Seesen. Wir sind wieder da! Und es war unglaublich, das größte Abenteuer unseres Lebens“, mit diesen Worten zog Andre Paul, ein Mitglied des „Harzer Tajikistan Rallye Teams“, seine ganz persönliche Bilanz einer an Erlebnissen reichen Autoreise. Am 1. September in Rhüden gestartet, wurden innerhalb von 27 Tagen  10.000 Kilometer zurückgelegt, dabei elf Länder passiert und für beide Autos 2.000- Liter-Benzin benötigt. Das alles übrigens für einen guten Zweck.

Neben Andre Paul war dessen Sohn Marvin sowie Hans-Jürgen Seeliger und Dennis Sonnenrein vom „Harzer Tajikistan Rallye Team“ an der Rallye beteiligt. nd die Begeisterung sprudelt aus Andre Paul nur so heraus: „Es war unglaublich, das größte Abenteuer unseres Lebens!” Mittlerweile ist das Quartett wieder zurück im Vorharz und erholt sich so langsam von den Strapazen.

Zwei Kia-Combis an die Caritas übergeben

Der gute Zweck stand neben dem Abenteuer im Blickpunkt: Die beiden Kia-Kombis wurden der Caritas zur Verfügung gestellt, mussten aber – und das war das Abenteuer – selbständig ans Ziel der Reise in  Dushanbe gebracht werden.

Dabei fing alles ganz ruhig an: Vom Start in München ging es über Österreich, Ungarn nach Rumänien wo die Crew eine „Checkpoint“-Party in den Wäldern der Karpaten feierte. Mit der Dampflok ging es hier in den Wald, um die anderen Teams kennenzulernen, danach durch die Karpaten Richtung Süden. „Wir haben unsere Route nämlich spontan geändert, nachdem uns andere Teilnehmer sagten dass die Südroute über die Türkei durch den Kaukasus einfach schöner sei“, berichtet Paul.

Über Bulgarien ging es dann an den Bosporus, wo man kurz vor Istanbul die günstige Lira ausnutzte, um in preiswerten Hotels zu nächtigen. In zwei Tagen fuhr das Team einmal durch die gesamte Türkei und an der Schwarzmeerküste entlang. Dann ging es nach Georgien wo die Vorharzer die Warnungen vom Veranstalter ernst sehr nahmen und die Gebiete Südostessien mieden um auf sicheren Routen zu bleiben.

Der Kaukasus mit Blick auf den Kasbek (5.047 Meter hoch) bleibt ebenfalls in Erinnerung. Aber es stellte sich erste Benzin-Knappheiten ein. Wieder in Wladikawkas in Russland war dem Team dann das erste Mal schon etwas mulmig. „Die Grenzer waren hier sehr streng, die Kontrollen langwierig. Hier sprach schon keiner mehr Deutsch und nur Ausgewählte Englisch.

Gleichzeitig änderten sich die Straßenverhältnisse. „Ab hier mussten wir auf alles gefasst sein. Riesige Löcher in der Straße, und das ohne jegliche Ankündigung. Auch hier wählten wir die sicheren Routen um Tschetschenien herum. Wir wollen kein Risiko eingehen“, so Andre Paul.

Hier wurden die Seesener dann auch das erste mal Opfer einer Polizeikontrolle. Der Polizist dachte sich wohl etwas aus, um dem Quartett etwas Geld aus der Tasche zu leiern. „Diese Straße ist für Ausländer nicht befahrbar“, hieß es lapidar.

Nach langen Diskussionen und Androhung, dass Andre Paul die Botschaft kontaktieren würde, ließ man die Seesener  fahren. Ab nun herrschte Korruption. Viele Polizei- und Militärkontrollen gab es in Russland, wobei man sich meistens mit ein paar deutschen Zigaretten freikaufen konnte.

Mit Zigaretten das Schweißen des Auspuffs bezahlt

„Einen der besten Momente hatten wir dann an dem Grenzübergang nach Kasachstan. Das Passieren einer schwimmenden Pontonbrücke war schon aufregend. Das Wasser von einem vor uns fahrenden Auto drückte große Fontainen durch die Lücken und spritze das Wasser fünf Meter hoch in die Luft. Hier riss uns der Auspuff ab, den wir aber von einem Anwohner schweißen lassen konnten. Bezahlt haben wir wieder mit einer Schachtel deutscher Zigaretten.“
Danach wurden die Straßen zu Buckelpisten und Sandwegen, die das Quartett fast bis zum Ende begleiteten. Für die 280 Kilometer von Astrachan (RUS) nach Atyrau (Kasachstan) benötigten sie so fast zwei Tage.

Dann ging es durch Wüsten, vorbei an Wildpferden und Kamelen, direkt in Richtung Usbekistan. Vorher deckte man sich mit Reservebenzin ein. Die Grenze zu Überqueren dauerte fünf Stunden. Aber nicht wegen strenger Kontrollen, sondern wegen Papieren für die Fahrzeuge.

Usbekistan zeigte sich dann noch ärmer. Die Seesener begannen Kuscheltiere an Kinder zu verschenken und fuhren dann nach Moʻynoq. Hier sah man sich rostige Schiffe an, die mitten im Sand liegen.  1960 gab es noch einen Hafen am Aralsee. Dieser ist nun jedoch weit weg. Ausgetrocknet.

Die Benzinknappheit im Land äußerte sich:  Die Rallye-Fahrer bekamen nur Benzin mit 80 Oktan, die die Kias aber beide vertrugen. Allein der Leistungsverlust war deutlich zu spüren.

Weiter ging es über Buxoro (Burchara) nach Samarkant. In Osh überschritten die Vorharzer die Grenze nach Kirgistan.

Dann ging es einen Tag lang in den Pamir im Himalaja. Hier „gabelten” die Seesener noch auf 4.200-Metern-Höhe eine Französin auf, die es in dieser Nacht nicht mehr über den Berg geschafft hat. Die Seesener nahmen sie im Dunkeln über die Grenze nach Tadschikistan mit und übernachten in einem Gästehaus welches „Home Stay“ genannt wird.

Nachts herrschen hier schon Minusgrade. Nach einem tadschikischen Frühstück ging es bei Sonnenschein vorbei am  Karakul See. Das Quartett bekam dabei Schwierigkeiten mit der Höhenluft. Kopfschmerzen und Atemnot begleiten einen schon beim Gehen um das Auto herum. Und dabei hatten sie noch Reifenpannen und Probleme mit den Stoßdämpfern, die immer wieder eine Reparatur benötigen. Man befand sich hier direkt an der Grenze zu China. Es folgte der höchste Punkt auf der Route: Ak-Baital Ashuu Pass mit 4.655-Metern- Höhe. Das Atmen fiel extrem schwer. Der Ausblick auf die schneebedeckten 6000er war aber atemberaubend.

Dann bogen die vier Abenteurer am Khargush Pass Richtung Süden ab und fuhren in den Wakhan Korridor. Vorbei ging es an zahlreichen Militärposten, wo man immer wieder Pässe und Visa vorzeigen musste. Tagelang sah man keine Menschenseele, außer ein paar Radfahrern aus aller Welt.

Plötzlich drohte eines der Autos schon ins Gebirge abzurutschen. Die vier Reservereifen waren aufgebraucht und so hatte man am Grenzfluss zu Afghanistan doch immer wieder ein mulmiges Gefühl. Zwei der übrig gebliebenen Felgen ließ das Team sich einige Tage später in Ischkaschim – ein Dorf mit 20 Hütten ohne Straßen – mit einem Vorschlaghammer reparieren.

An manchen Stellen fehlte einfach ein Stück Straße

Die Durchschnittsgeschwindigkeiten von 15 Kilometer pro Stunde waren hier fast normal. Manchmal fehlt auch einfach mal ein Stück Straße „Dass wir immer wieder auf andere Teams trafen, machte die Sache angenehmer und so campte man oft gemeinsam im „Niemandsland, in der Wüste, in zerfallenen Arbeiterhütten oder an Baumwollfeldern“, berichtete Paul.

In Kulob, 220 Kilometer vom Ziel Duschanbe entfernt, brachen den Seesenern noch an einem Rallye-Auto beide Stoßdämpfer, die sie im nächsten Dorf schweißen lassen konnten. Man bezahlte mit einer Kühlbox.

Am Ende brachte das Team einige Tage hinter dem Zeitplan zurück die Fahrzeuge in die Hauptstadt und konnte sie halbwegs fahrbereit an die Caritas übergeben. Zahlreiche Mängel wiesen die Fahrzeuge aller Teams jedoch auf: Auspuff abgerissen, Spur und Sturz krumm, Rücklicht gebrochen, Steckdose der Anhängerkupplung abgerissen und alle Stoßfänger beschädigt. Der gesamte Unterboden war über 170-mal durchschlagen, stark beschädigt und die Autos stecken bis in die letzte Ecke voller Sand.

Der Gesamt-Spendenstand der Tajik Rallye wurde von 16 Teams in 18 Fahrzeugen auf 29.600 Euro gebracht.  Angekommen waren am Ende alle, nur haben einige Teams durch technische Mängel nicht den Umweg über den Pamir nehmen können und haben somit den schönsten Teil der über 10.000 Kilometer nicht gesehen. Insgesamt wurden zirka 2.000-Liter-Benzin für beide Autos benötigt, und im Durchschnitt dafür um die 50 Cent bezahlt.

Auffällig waren die Menschen. Die Ärmsten von ihnen bemühten sich am meisten, Tee und Übernachtungen wurden überall angeboten.  Die freudigen Gesichter der Kinder, die Spielzeug von uns bekamen, waren die Highlights.

Als negativ wurde Korruption und Straßenzustände empfunden.  André Paul arbeitet jetzt gerade an einem Film über die Rallye. Viele Stunden Material müssen dafür gesichtet werden, zu sehen sein wird der Film voraussichtlich im Februar nächsten Jahres.