„Mit Idee nicht lange warten, sondern machen“
NewKammer hatte zur Startup Happy Hour eingeladen / Kurzweiliger Impulsvortrag von Moritz von Petersdorff-Campen
Seesen. „Netzwerken“ ist ein wichtiger Baustein bei der Unternehmensgründung. Aus diesem Grund finden in der NewKammer in Seesen regelmäßig die sogenannten Startup Happy Hours statt. Wie auch am vergangenen Montag unter dem Motto „Auf ein Bier und Pizza mit Prof. Asghari“ in Zusammenarbeit der Stadt Seesen, dem Entrepreneurship im ländlichen Raum und dem HUB Entrepreneurship.
Das Interesse war groß, neben „alten Hasen“ waren auch zahlreiche junge Leute in die Newkammer gekommen, um sich über eine Videokonferenz einen Impulsvortrag von Moritz von Petersdorff-Campen, selbst gebürtiger Seesener, anzuhören.
Von Petersdorff-Campen (33 Jahre) ist neben Tilmann Volk Mitbegründer und Geschäftsführer der 2012 gegründeten SuitePad GmbH. SuitPad ist in der Hotellerie sozusagen die Gästemappe 4.0 und vereint Wecker, Zeitung, Radio, Fernbedienung, freies Surfen im Internet, Buchungskanal in einem Endgerät. Den speziell konfigurierten Tablet-PC kann der Gast in seinem Hotelzimmer nach Belieben nutzen. In den vergangenen Jahren habe er viele Dinge gelernt. Erste Unternehmenserfahrungen habe er mit zwei anderen BWL-Studienkollegen mit ungefähr Anfang 20 gemacht. „Damals gründeten wir Cloudnumbers, ein Cloud Computing Startup“, so Petersdorff-Campen, „das hat erstaunlich schlecht funktioniert und nach anderthalb Jahren haben wir das Unternehmen abgewickelt“.
Inzwischen habe man mit SuitPad rund 90.000 Zimmer unter Vertrag und in 40.000 bis 50.000 Zimmern sei das System bereits installiert. Ein wichtiger Fakt für Unternehmensgründer sei die Tatsache, dass „Geld keine Ahnung hat“, wie Petersdorff-Campen es nannte. Natürlich sei es von Vorteil, Geld zu haben, aber von Nachteil, wenn man sich zu wenig mit dem eigentlichen Wissensmodell auseinandersetze. „Als Gründer neigt man dazu, zu glauben, dass die Idee gut ist, weil die Investoren bereit sind, zu zahlen“. Um herauszufinden, ob Kunden bereit seien, Geld auszugeben, sei jedoch die beste Methode, frühzeitig mit den potentiellen Kunden in Kontakt zu treten. „Hat man dann vielleicht fünf potentielle Kunden, ist man auch beim Investor viel überzeugender“. Und das Telefon sei ein einfacher Weg, um viele Menschen zu erreichen. Keinen Sinn ergebe es allerdings, sich ständig mit anderen Unternehmern und Gründern zu vergleichen. Denn Darstellungen in den sozialen Medien würden in vielen Fällen besser als die Realität aussehen. Wichtig bei der Gründung sei, auf das Wissen der Menschen, deren Intelligenz und deren Art des Zusammenarbeitens zu setzen. „Und dennoch, auch wenn man in schlechten Zeiten meint, es geht nicht schlimmer, wird man eines Besseren belehrt.“
Schlussendlich seien aber die großen Niederlagen gar nicht so schlimm. Schlimmer sei es, zu viel Zeit verstreichen zu lassen bei einer Gründung. „Du wirst sonst nie bereit sein für das, was du vorhast, also warte nicht“, motivierte Petersdorff-Campen. Dem konnte Prof. Dr. Reza Asghari nur beipflichten, denn in der Newkammer komme man zusammen, um sich auszutauschen und zu motivieren. „Ich kann das nur unterstreichen. Wenn man eine Idee hat, sollte man handeln und nicht warten, bis das Projekt perfekt ist. Die Perfektion kann man auf dem Weg verbessern“. Zur Verdeutlichung benutzte der Hochschullehrer, der seit 2009 Inhaber der Professur für Entrepreneurship an der TU Braunschweig und Ostfalia Hochschule ist, ein deutliches Beispiel, nämlich das von Christoph Kolumbus, der sein Ziel, Indien zu entdecken, nicht erreicht hatte. Sei Kolumbus deswegen ein Versager? Im Gegenteil. Ihm habe man es zu verdanken, dass der geografische Horizont der Menschen erweitert und die Weltanschauung verändert worden seien. „Der Gründungsprozess ist ein menschlicher Prozess“. Bürokratische Checklisten seien zwar ebenso nötig, aber schlussendlich ginge es darum, smart zu sein und Ideen zu haben. Das sei wichtiger als Checklisten.
In der anschließenden Gesprächsrunde kam die Frage auf, ob es zwischen Netzwerken in Berlin und Netzwerken in Seesen einen Unterschied gebe. Hierzu sagte Moritz von Petersdorff-Campen, dass die Herausforderung im Digitalbereich liege. Speziell für sein Unternehmen sehe er nur wenige Möglichkeiten, von Seesen aus zu agieren, auch wenn er den ländlichen Raum sehr schätze, weil die Netzwerke in einer Großstadt wie Berlin feinmaschiger seien. „Es ist gut, dass die Stadt dabei ist, das Unternehmertum in Seesen zu stärken und dadurch versucht, diese Begriffe positiv zu besetzen“, betonte von Petersdorff-Campen. Der ländliche Raum biete Qualitäten wie günstige Immobilien und Räume und ein Plus an Lebensqualität, sagte Ashgari, und im E-Commerce-Bereich mache der physische Raum keinen Unterschied.hn