Neuer Fahrstuhl im Jacobson-Haus fällt beim Rollstuhltest komplett durch

Einmal im Jahr sind die Medischüler in der Seesener Innenstadt unterwegs / Viel Kritik geäußert

Der Fahrstuhl am Eingang wurde intensiv getestet: Während der Fahrt muss der Knopf gedrückt werden, was auf Dauer immer schwerer wird.

Seesen. Große Erwartungen werden geweckt: „Neue Fahrstühle wurden im Jacobson-Haus installiert. So können nun ältere Menschen oder Menschen mit Gehbehinderung alle Etagen und Ebenen des Jacobson-Hauses praktisch, bequem und sicher erreichen”, so steht es zumindest auf der Internetseite vom Jacobson-Haus unter der Rubrik „Bauinformation”. Bekanntlich wurden in die Sanierung 1,3 Millionen Euro gesteckt, darin sind die Aufzüge enthalten.

Bekanntlich absolvieren die angehenden Physiotherapeuten der Medischulen Seesen gemeinsam mit Schulleiterin  Andrea Birkner einmal im Jahr ihren Rollstuhltest. Die Rollstühle wurden vom Sanitätshaus Sturm zur Verfügung gestellt. „Wir sind gespannt, was sich speziell im Jacobson-Haus getan hat”, so die Schulleiterin im Gespräch vor Ort.  Zudem sollen die angehenden Physiotherapeuten ein Gefühl dafür  bekommem, wie es ist, sich in einem Rollstuhl fortzubewegen und welche Schwierigkeiten dabei entstehen können. Um es vorweg zunehmen, begeistert sind die Schüler von den Neuerungen im Jacobson-Haus nicht.

Die angehenden Physiotherapeuten haben einiges in puncto Fahrstuhl zu bemängeln. Vor allem der direkt am Eingang rückte besonders ins Blickfeld. Als die Schüler im Fahrstuhl standen, die Tür geschlossen war, ergab sich gleich das erste Problem. Die Schüler haben den Knopf gedrückt, in welches Stockwerk sie fahren möchten, aber der Fahrstuhl bewegte sich keinen Zentimeter hoch. Es hatte einen Moment gedauert, bis ihnen die viel zu kleine Schrift über den Knopf aufgefallen war. „Knopf während der Fahrt gedrückt halten”, ist hier zu lesen. „Das geht gar nicht”, war von den Testern zu hören, denn es gibt Rollstuhlfahrer mit Sehbehinderung oder Sehbeeinträchtigung, die  können dies nicht einmal sehen oder überhaupt wissen, das der Knopf gedrückt werden muss. Ein Schüler erwähnte in diesem Zusammenhang, dass es für Menschen mit einem sogenanten Tremor (Muskelzittern, wie es Parkinsonbetroffene haben) Probleme beim Fahrstuhlfahren auftreten können, da der Knopf immer gedrückt werden muss.  Kritisch angemerkt wurde obendrein, dass für manche der Knopf nicht einmal erreichbar ist, denn der  Arm muss relativ weit hochgehoben werden. Das ist laut Schülern nicht allen möglich, das fiel auch Andrea Birkner auf. Unterm Strich fällt der Fahrstuhl bei den Medischülern komplett durch.

Der Fahrstul am Eingang konnte nicht anders gebaut werden, dies wurde vom TÜV so vorgeschrieben. „Die Begründung dafür ist,  dass verhindert werden soll, dass sich die Nutzer die Finger einklemmen können“, sagte Thorsten Scheerer, Chef vom Stadtmarketing, vor Ort auf Nachfrage der Schüler. Denn es handelt sich um einen besonderen, festverbauten Fahrstuhl, in dem sich nur die Kabine nach oben und unten bewegt. Trotzdem könnten die Fahrstuhlbenutzer doch in den kleinen Spalt, der zwischen Kabine und fest verbauter Wand ist, fassen, wenn der Knopf gedrückt ist, merkten die Schüler auf Nachfrage des „Beobachter” auch kritisch an.

Der Rollstuhltest im Jacobson-Haus umfasste noch mehr,  vor allem statteten die Schüler  dem Stadtmarketing einen Besuch ab, dies stellte alle vor die  nächsten Probleme. Die Klingel neben der Tür war nur rückwärts erreichbar, sowohl der Heizkörper, als auch der Infoständer versperren den Weg. „Zudem muss ich meinen Arm extrem strecken”, sagte ein Schüler.  Trotz mehrfachem Klingeln öffnete niemand. Die Schüler haben daraufhin versucht, alleine mit dem Rollstuhl durch die Tür zu kommen, dies war aber auch mit viel Kraftaufwand alleine schwer möglich. Auch als ein anderer Schüler die Brandschutztür aufgehalten hatte, war es schwer, mit dem Rollstuhl durchzufahren, weil eine Türschwelle im Weg ist.  Kurzum, es mussten zwei Schüler mithelfen, damit der Rollstuhlfahrer, ohne nach vorne zu fallen, in den Flur fahren konnte.

Im Stadtmarketing ist einigen Schülern zudem aufgefallen,  dass es keine Toilette für Behinderte gibt. Zudem ist die vorhandene Toilette für den Rollstuhl viel zu eng.

Unterm Strich überwiegen die Kritikpunkte deutlich. Die Medischüler stellen dem Jacobson-Haus kein allzu gutes Zeugnis aus. Ihrer Meinng nach müsste vor Ort noch einiges geändert werden, damit Rollstuhlfahrer ohne Probleme vorwärts kommen. Vor allem der Fahrstuhl bleibt ihnen noch lange im Gedächtnis.sw/syg