Neustrukturierung des Rettungsdienstes bringt auch in Seesen Veränderung

Bedarfsplan für den Landkreis vorgelegt / Das Notarzt-Einsatzfahrzeug steht nicht mehr in der Sehusastadt

Seit dem 1. Januar 2021 gibt es im Landkreis die Telenotfallmedizin. Die Daten können an den Experten übertragen werden, der den Sanitätern vor Ort bei der Diagnostik und bei der Therapie helfen kann. So erhalten Patienten schnellere Hilfe vor Ort, die Notärzte werden entlastet.

Seesen. Der Rettungsdienst im Landkreis Goslar erfährt in diesem Jahr gleich mehrere Veränderungen. Grund dafür ist die Überarbeitung des Bedarfsplanes für den Rettungsdienst. Die vorherige Fassung stammte aus dem Jahr 2012, nun liegt eine neue vor, die zu dem Schluss kommt, dass für die flächendeckende Sicherstellung des Rettungsdienstes im Kreisgebiet vier Veränderungen notwendig sind: 1. eine Erhöhung der Rettungsmittelvorhaltung, 2. ein zusätzlicher Rettungswachenstandort, 3. die Einführung der neuen Rettungsmittel Telenotfallmedizin und Notfallkrankentransportwagen (NKTW) sowie 4. eine Umstrukturierung der Notarztsysteme und der der Notarztstandorte. Die für Seesen einschneidenste Veränderung ist der Wegfall des Notarzteinsatzfahrzeuges vor Ort. Seesen wird künftig von Bad Gandersheim mit versorgt.

Ziel des Bedarfplanes ist es, eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes sicherzustellen. Bekanntlich übernehmen im Landkreis Goslar die KreisWirtschaftsBetriebe (KWB) Goslar die Aufgaben des Rettungsdienstes nach dem Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz. Gemeinsam mit den sogenannten Kostenträgern, also die gesetzlichen Krankenkassen und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, wurde der nun vorliegende Bedarfsplan, der auch im Dezember 2020 im Kreistag vorgestellt wurde, erarbeitet.  

Notarzteinsatzfahrzeuge stehen in zwei anderen Kommunen

Im Landkreis Goslar gab und gibt es weiterhin drei Notarzteinsatzfahrzeuge, jedoch hat sich deren Standort verändert. Bis Ende 2020 waren diese Fahrzeuge in Goslar, Seesen und Bad Harzburg stationiert. Grund für die Entscheidung war keine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung, sondern der Standort der Ärzte. Heißt, da die Fahrzeuge mit in den Kliniken angestellten Ärzten besetzt wurden, standen diese immer an den Klinikstandorten, also in Seesen, Goslar und Bad Harzburg. „Durch die Beschäftigung eigener im Rettungsdienst fest angestellter Notärzte konnte von dieser Herangehensweise im Interesse einer flächendeckenden Versorgung mit notärztlichen Leistungen abgewichen werden“, heißt es in der Begründung. Die besten Standorte konnten nun unabhängig vom Notarzt vor Ort ermittelt werden, dabei stellten die Verantwortlichen fest, dass es im Oberharz Bedarf gibt. Ab sofort bedeutet das, ein Notarzteinsatzfahrzeug steht jeweils in Bad Harzburg, in Langelsheim und in Clausthal-Zellerfeld. Die Bevölkerung in Seesen muss aber nicht beunruhigt sein, für die Sehusastadt besteht eine Vereinbarung mit dem Nachbarlandkreis Northeim über die Versorgung mit dem dort in Bad Gandersheim stationierten Notarzteinsatzfahrzeug. Dieses verfügt über ausreichend freie Kapazitäten, sodass dies abgedeckt werden kann, wie es dazu heißt. Goslar wird durch Bad Harzburg abgedeckt. Zudem kann für Seesen auch das später in Langelsheim stationierte Fahrzeug mit eingesetzt werden. „Durch die erstmalige Stationierung in Clausthal-Zellerfeld wird die notärztliche Versorgung im Oberharz wesentlich verbessert“, heißt es in der Begründung.

Zusätzliche Rettungswache in Langelsheim

Im Notfall gilt die Regel von 15 Minuten, die das Fahrzeug am Einsatzort sein muss. Bekanntlich umfasst der Landkreis Goslar eine Fläche von 965,1 Quadratkilometern, was 135.154 Fußballfeldern entspricht. Damit die geforderte Zeit eingehalten werden kann, ist die Errichtung einer sechsten Rettungswache im Kreisgebiet notwendig. Entstehen wird diese in der Stadt Langelsheim, jedoch ist der Bau noch nicht erfolgt. Konkret wird diese wahrscheinlich erst ab 2022 zur Verfügung stehen. Gebaut wird die neue Rettungswache im Businesspark Langelsheim in der Rosenstraße. Das Gesamtareal umfasst insgesamt 18.000 Quadratmeter, als Gründerzentrum gestartet, sind im heutigen Businesspark Langelsheim unter anderem die Büros der Bauhofsleitung sowie der Wasserwerksleitung der Stadt Langelsheim untergebracht. Die vorgesehene Fläche ist unbebaut, eine Planänderung ist nicht notwendig. Bis die Rettungswache steht, wird das Notarzteinsatzfahrzeug, dass von Goslar nach Langelsheim erst nach Einweihung versetzt wird, noch in Goslar bleiben. Künftig sollen in Langelsheim noch zwei Rettungswagen stationiert werden. Aktuell gibt es die fünf Rettungswachen in Goslar, Bad Harzburg, Clausthal-Zellerfeld, Braunlage und Seesen, nach der Fertigstellung dann auch eine, wie erwähnt, in Langelsheim.

Telenotfallmedizin seit 1. Januar im Landkreis Goslar

Wie der „Beobachter“ bereits berichtete, wird seit Jahresbeginn auch auf die sogenannte Telenotfallmedizin gesetzt. „Die Topographie im Landkreis Goslar ist für unseren Rettungsdienst immer wieder eine enorme Herausforderung. Durch den Einsatz eines Telenotfallmediziners können wir im Handumdrehen einen Notarzt virtuell in den Einsatz schicken. Das stellt nicht nur eine Unterstützung für unsere ausgebildeten Notfallsanitäter dar, sondern es wird auch dazu beitragen, dass Einsätze schneller und ausgesprochen effektiv erledigt werden können“, sagt Dr. Tobias Steffen, Ärztlicher Leiter des Goslarer Rettungsdienstes und treibende Kraft hinter dem Projekt, dazu.

Krankentransportwagen für den Notfall im Einsatz

Im Zuge der Überarbeitung des Planes analysierten die Verantwortlichen das bisherige Einsatzgeschehen. Dabei zeigte sich, dass die Patienten bis zu einer halben Stunde auf einen qualifizierten Krankentransport warten müssen. Ein nicht zumutbarer Umstand, wie es dazu heißt, auch wenn es keine Notfallrettung ist. Bisher wurden in diesen Situationen Rettungswagen ohne Sonderrechte – also ohne Sirene – eingesetzt. Künftig fährt stattdessen der Notfallkrankentransportwagen heraus. Positive Nebeneffekte sind, dass die Rettungswagenbesatzung entlastet werden und stattdessen für die „zeitkritischen, hilfsfristrelevanten Einsatzsituationen noch gesicherter zur Verfügung stehen“, also für jene Einsätze, wie Schlaganfall oder Herzinfarkt, bei denen es auf jede Minute ankommt.

Bedarfsplan erfordert mehr Personal

Durch die Anpassungen muss der Rettungsdienst pro Woche insgesamt 2.933 Stunden die sogenannten Rettungsmittel vorhalten, das sind 458 mehr im Vergleich zum alten Plan vom 2012. Durch den Einsatz der Notfalltransportwagen sind das beispielsweise 168 Stunden. Mehr Arbeit bedeutet in dem Fall einen erhöhten Personalsbedarf. „Der letzte Bedarfsplan wies 123,24 Stellen aus, mit dem neuen Plan tritt eine Erhöhung um 42,28 Stellen auf 165,52 Stellen ein. Dies bedeutet eine Steigerung um 42,28 Prozent“, hieß es dazu.syg