Nur zum Besuch ins Altenheim

„Beobachter”-Leserin Gisela Dammann feiert am Sonntag ihren 100. Geburtstag / Bis heute viel erlebt

Bis heute lebt Gisela Dammann in ihrem Häuschen in Seesen und absolviert ihren Alltag fast vollkommen selbstständig. Hin und wieder hilft ihr ihre Familie.

Seesen. Gisela Dammann kauft ein, macht ihren Haushalt, kocht täglich, an für sich ja nichts ungewöhnliches, doch mit Blick auf das Alter der Jubilarin dann doch, denn am morgigen Sonntag, 6. Mai, feiert sie ihren 100. Geburtag.

Seit ihrer Geburt lebt Gisela Dammann in Seesen. Ihr Vater, Hugo Ulrich, war damals Kämmerer der Stadt Seesen, seine Frau kochte im „Bahnhofshotel”, hier lernten sich beide kennen. Gisela Dammanns Großvater war herzöglicher Hofmalermeister in Braunschweig. „Da staunen immer alle, wenn ich das erzähle”, sagt die Seesenerin im Gespräch. 1925 kam ihr sieben Jahre jüngerer Bruder Franz zur Welt.

Etwas Besonderes war für damalige Verhältnisse ihre Schullaufbahn, weil sie zusammen mit ihrer Freundin die weiterführende Schule besuchen wollte, bettelte Gisela ihren Vater an. Irgendwann gab er nach, so kam sie aufs Jacobson-Gymnasium. „Wir waren nur vier Mädchen in der Klassse, in einer anderen war es nur eines”, unterstreicht sie im Gespräch und muss schmunzeln. Bis zur Untersekunda, der zehnten Klasse, besuchte Gisela Dammann die Schule, dann intervenierte ihr Vater.

Statt später studieren, sollte sie lieber kochen und nähen lernen. „Du heiratetet eh”, sagte er damals zu ihr. So kam es auch, bei einem Tanzvergnügen im „Wilhelmsbad” lernte sie ihren Walter kennen. Er brachte sie nach Hause, vorher wurde noch zum Abschied geknutscht, wie sie selber sagt. Im gleichen Jahr verlobten sie sich, ihr Walter, Jahrgang 1911, wurde 1939 zum Kreigsdienst eingezogen. Vorausschauend gab es am 3. September 1940 die Kriegstrauung. In Stalingrad verlor ihr Mann ein Bein, wurde 1943 von der Wehrmacht entlassen. Glücklich waren beide über das Wiedersehen – 1944 kam ihr ältester Sohn Hans-Walter zur Welt, 1945 dann Volker und 1949 Tochter Annegret.

Zu siebt – die fünfköpige Familie und ihre Eltern – lebten sie damals in der Wohnung der Eltern in der Poststraße, später bekam die Familie eine neue Wohnung mit Treppen in der Lange Straße, beschwerlich war das für ihren Mann mit seiner Prothese. Umso glücklicher waren alle, als sie sich ein kleines Häuschen in der Gänsepforte bauten, wo die Seesenerin bis heute lebt.

„Ich bin jeden Tag unheimlich dankbar, dass mir das noch möglich ist”, sagt Gisela Dammann, tippt sich danach mit dem Zeigefinger an den Kopf und ergänzt dabei „hier oben muss es stimmen”.

Von Familienangehörigen – ihrem Mann und ihren beiden Söhnen – und vielen Weggefährten musste Gisela Dammann schon Abschied nehmen, aber ihre Fröhlichkeit hat die Seesenerin nicht verloren. „Was will ich denn im Altenheim oder mit einer Haushaltshilfe “, antwortete sie immer wieder den Fragenden. Sie geht alle vier Wochen ins Altenheim, aber nur um ihre ehemaligen Kegelschwestern zu besuchen. Froh ist sie, wenn sie wieder nach Hause kann.

Beim MTV Seesen und seit 1973 beim Sozialverband Seesen ist sie Mitglied, bei Letzterem war die Seesenerin jahrelang als Schriftführerin aktiv. Gern ging sie kegeln. Bis heute liest die Seesenerin den „Beobachter”. Die Jubilarin hat ein Geheimnis ihres hohen Alters und ihrer Fitness ausgemacht – bis zum 93. Lebensjahr fuhr sie noch Fahrrad und erledigte so ihre Einkäufe. Heute fährt sie mit der Lila Linie in die Innenstadt und kauft ein.

Wer der Jubilarin gratulieren möchte, kann am Sonntag, ab 11 Uhr ins Hotel „Goldener Löwe” kommen. Mit dabei werden ihre Familie, darunter vier Urenkel, sein, auf die sie alle sehr stolz ist. Der „Beobachter” gratuliert auf diesem Weg schon einmal.syg