Philosophisches mit Alfons

Kulturforum Seesen: Geschichten zwischen Fronkraisch un Doitschlánd

Bei Alfons werden Deutschland und Frankreich gleichermaßen Zielscheibe des Spotts.

Seesen. Alfons agiert philosophisch fast wie ein Peripatetiker, die Bühne beim Seesener Kulturforum wird zur Wandelhalle, die er suchend durchstreift. Das große Puschelmikrophon gegen Wind von vorn hat er dabei. Die orangefarbene Trainingsjacke ist gleichermaßen Markenzeichen. Geboren in Paris als Emmanuel Peterfalvi, trägt der Alfons seinen Migrationshintergrund sprachlich zwischen Fronkraisch un Doitschlánd in die Argumentationen hinein.

Alfons beginnt aktuell: „Interessant! Ihr habt ein Land ohne Regierung. In Frankreich können wir davon nur träumen!“ Maut-Diskussionen gäbe es in der Bretagne nicht, auch keine Autobahnen? Warnstreiks seien deutsche Erfindungen, in Frankreich hieße so etwas Mittagspause. Die Deutschen hätten mittels VW betrogen, in Frankreich hätten sie ihm dagegen jahrelang eine Ente verkauft, die nicht fliegen konnte.

Alfons ist aber weniger Kabarettist als vielmehr Geschichtenerzähler. Und so entwickelt er über seine Lebensrückschau sehr „humane“ Perspektiven vom begrenzten Privaten hin zum gewaltigen Sternenkosmos über der Provence. Die Suche nach dem kabarettistischen Programm-Titel „Nr. 5“ beginnt mit einer Selbstreflektion und endet beim Verbot der Nutzung des Markennamens von Chanel. „Alfons, du bist auch schön, aber man sieht es kaum!“ Und so geht es fortan um „Das Geheimnis meiner Schönheit“.

Der neunjährige Schüler Alfons erfährt im Pariser Museum über das berühmte Gemälde von Gustave Courbet, „L´Origine du monde“, den Ursprung der Welt. In einfallsreicher kindlicher Naivität wird Paris, „die geilste Stadt der Welt“ erkundet und bewertet. Er landet als jüngster Praktikant im Maison de la Radio, lernt dort Mireille Mathieu kennen, die ihn – igitt – nassküsst; ein Treffen mit dem verehrten Paul Mc Cartney bleibt ihm versagt. Komik und Tragik wechseln einander ab. Man fühlt sich immer wieder an René Goscinnys „Petit Nicolas“ (Der kleine Nick) erinnert und landet unversehens bei Nicolas Sarkozy.

Video-Spots aus Alfons´ NDR-Sendungen bringen sprachlose Interviews einer überforderten Markt-Gesellschaft, wenn sie nach Themen der Liebe befragt wird.

Asthma-Anfälle bringen den kleinen Alfons in den Sommerferien in die ihm fremde Welt eines Bauernhofes in der Provence, wo er sich schrittweise mit dem Großvater Augustin anfreundet und als kleiner Bub das Traktorfahren lernt. Gnade den Hühnern! Die jahrelangen Besuche führen zum Abschied im gemeinsamen Boule-Wettkampf von Augustin/Alfons zu einem heroischen Sieg über die Mannschaft Dorfpfarrer/Nachbarpfarrer. Die Gegner werden trotz eines „boule perfect“ der Pfarrer mit 13:0 besiegt und das wird mit einem Hintern-Küssen-Müssen eines Fanny-Bildes bestraft, mit einem Ritual, dem sich auch die kirchlichen Autoritäten zu beugen haben.

Liebenswürdig derb, weltweise versonnen, wissend im Schmunzeln und mit philosophischem Rat findet die Forderung des „Werde, wer du bist“ seinen Abschluss. Und es ist ausgerechnet Nietzsche, der im französisch-deutschen Dialog zu Wort kommt, allerdings im Kollegenkreis zusammen mit Hegel, Descartes und Kant, „den anderen Bauern aus der Nachbarschaft“. Und bei aller kabarettistischen Kritik einer reinen Vernunft auf der Bühne des Seesener Kulturforums sind Deutschland wie auch Frankreich gleichermaßen Zielscheibe des Spotts. Es war ein schöner Abend!

Von Dr. Joachim Frasslred