Prävention: Zwei Seesener sind jetzt Sicherheitsberater

Polizei Goslar hat ein Pilotprojekt gestartet / Landkreisweit sind 23 Senioren im Einsatz

23 Senioren haben die dreitägige Ausbildung erfolgreich absolviert. Hinter dem Ganzen steckt die Initiative „Mit Uns nichT – Senioren stärken Senioren“ kurz „MUT“ der Polizeiinspektion Goslar.

Seesen. Immer wieder klingelte das Telefon. 14 Tage lang wurde Karin Henne-Gutsch regelrecht unter anderem mit Gewinnversprechen terrorisiert. Ihr Mann versuchte die teilweise ausländische Nummer zurückzuverfolgen. Ergebnislos. „Ich habe lieber schnell aufgelegt und vor allem nicht „Ja“ gesagt“, sagt die Seesenerin im Gespräch. Im „Beobachter“ las sie dann den Aufruf des Präventionsteams der Polizeiinspektion Goslar, dass sie Senioren zu Sicherheitsberater ausbilden wollen.

Im Landkreis Goslar werden sie im Einsatz sein – ein Pilotprojekt. 23 haben die Arbeit aufgenommen. Zwei Seesener sind dabei. Die eine ist Karin Henne- Gutsch, der andere der 1. Vorsitzende des Seesener Seniorenbeirates, Günter Voß. Künftig wollen die beiden Senioren den älteren Mitbürgern in Seesen bei der Kriminal- und Verkehrsprävention beratend zur Seite stehen – quasi als Mittler zur Polizei. Bei Bedarf können sie Kontakt zu den Fachleuten herstellen.

Die beiden Seesener werden sich aktiv in die verschiedenen Seniorenveranstaltungen einbringen, können aber auch über das Präventionsteam der Polizeiinspektionen Goslar sowie bei den Seniorenvertretungen im Landkreis Goslar und der Alzheimer-Gesellschaft angefordert werden. In Seesen wird der Kontakt über den Seniorenbeirat der Stadt vermittelt. Die Beratung umfasst ein großes Spektrum – von Enkeltrick, Gewinnversprechen, Einbruchschutz und Verkehrsprävention. Hinter dem Ganzen steckt die Initiative „Mit Uns nichT – Senioren stärken Senioren“ kurz „MUT“. Die Seniorensicherheitsberater sollen damit als Multiplikatoren im Rahmen ihrer sozialen Kontakte in den verschiedenen Regionen des Landkreises wirken. Dahinter steht der Gedanke, dass die Akzeptanz unter Gleichaltrigen und Gleichgesinnten deutlich höher ist. Menschen wenden sich lieber an bekannte, vertrauenswürdige Personen, statt an Institutionen.

Die Seniorensicherheitsberater wurden jetzt durch eine gezielte Ausbildung in die Lage versetzt, bei Seniorenveranstaltungen oder persönlichen Beratungsterminen spezifische Informationen in Einzel- oder Gruppengesprächen zu vermitteln. Die Polizeiinspektion hat mit dem Projekt neue Wege beschritten. Bisher gab es so etwas nicht. Das Themen wie Enkeltrick oder Wohnungseinbruch immer wieder von den Älteren zur Sprache kommt, kann Karin Henne-Gutsch nur bestätigen. Beim MTV Seesen und in der Rheumaliga ist sie aktiv. Hier sprachen sie darüber. Ihr bei der Ausbildung erworbenes Wissen, will die Seesenerin nun weiter geben. „Ich habe auch für mich viel gelernt und fühle mich sicherer“, sagt sie im Gespräch. Bei einer dreitägigen Schulung wurden 23 Senioren als Sicherheitsberater ausgebildet und erhielten im Anschluss ihre Teilnahmebescheinigungen.

Zwölf Senioren konnten für den Bereich Goslar gewonnen werden, sechs für Bad Harzburg, zwei für Langelsheim/Liebenburg/Lutter, zwei für Seesen und einer für Clausthal-Zellerfeld. Für den Bereich Lutter/Liebenburg/ Langelsheim übernehmen Gudrun Ribbe, Vorstandmitglied der Alzheimer-Gesellschaft im Landkreis Goslar, und Ralf Schoss die Aufgabe. Beide kommen aus Goslar, kennen sich aber in der Region aus. Harald Töpfer, Beauftragter für Kriminalprävention bei der Polizeiinspektion Goslar, würde sich freuen, wenn sich noch weitere Senioren zum Sicherheitsberater ausbilden lassen würden. Noch besser ist es, wenn jemand direkt aus dem Ort kommt. Besonders für Seesen, die Samtgemeinde Lutter, Langelsheim, Liebenburg, Clausthal-Zellerfeld und Goslar könnten sich noch Interessierte melden. Denn es kann ja auch sein, dass jemand wieder aufhört. Töpfer erstellt eine Liste mit potentiellen Interessenten. Sind genügend zusammen, erfolgt die nächste Ausbildungsrunde. Die aktuell 23 Sicherheitsbegleiter treffen sich künftig zweimal im Jahr. Dann werden sie unter anderem über Neuerungen informiert. Zudem kann die Arbeit vor Ort reflektiert werden.

Für die ältere Generation geht Kriminalität in ihrem Lebensumfeld und die darauf gerichtete mediale Aufmerksamkeit häufig einher mit einer subjektiven Beeinträchtigung ihres Sicherheitsgefühls. In Verbindung mit nachlassender Wehrhaftigkeit im höheren Lebensalter und der abnehmenden Fähigkeit, Misstrauen zu entwickeln, bedeutet das für einige einen Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben durch Vermeidungsstrategien und dadurch eine Verringerung der Lebensqualität

Der Anteil der Menschen über 65 Jahre wird mit Blick auf die demografische Alterung stetig wachsen und bis zum Jahr 2030 auf 34,4 Prozent der Gesamtbevölkerung ansteigen. Im Landkreis Goslar beträgt der Anteil derzeit knapp 27 Prozent. Das sind gute Gründe, die Lebensälteren noch stärker in den Blickpunkt der Prävention zu rücken, heißt es seitens der Polizei Goslar. Ältere Menschen sind in der Kriminalstatistik insbesondere bei Gewaltdelikten, deutlich unterrepräsentiert, sehen sich aber in den Deliktsbereichen Einbruch, Diebstahl (auch Handtaschendiebstahl/-raub) und Betrug besonders gefährdet.

Die Teilnahme am Verkehr als Fahrzeugführer, Fahrradfahrer und Fußgänger stellt für Senioren mit zunehmendem Alter eine Herausforderung dar. Sie sind in der Regel erfahrene Verkehrsteilnehmer, die im Bereich der Verkehrsunfallursachen Alkohol, Geschwindigkeit und Rechtsfahrgebot unauffällig sind, treten aber aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen und reduzierter Wahrnehmung in den Bereichen Vorfahrt, Wenden und rückwärts fahren häufiger als Unfallverursacher in Erscheinung. Interessierte für die ehrenamtliche Tätigkeit als Seniorensicherheitsberater können sich bei der Polizei in Goslar melden.

Entweder per Telefon unter (05321) 339109 oder (05321) 339103 oder per E-Mail praevention@pi-gspolizei.niedersachsen.de.red