Nach langer Zeit muss die Stadt Seesen wieder auf Rücklagen zurückgreifen

Wirtschaftskrisen gehen auch am städtischen Haushalt 2024 nicht vorbei / Steuererhöhungen abgesegnet

Am Mittwochabend beschäftigte sich der Rat der Stadt Seesen mit dem Haushalt für das Jahr 2024. Daher hat der Rat der Stadt – schweren Herzens – beschlossen, dem Vorschlag der Verwaltung zu folgen und das erste Mal seit 2013 wieder die Grundsteuern A und B sowie die Gewerbesteuer erhöhen. Auch die Vergnügungssteuer für Spielgeräte wurde erhöht.

Seesen. Alle Jahre wieder in der Weihnachtszeit ist es die Aufgabe der im Rat der Stadt Seesen vertretenden Parteien den Haushaltsentwurf der Stadt für das folgende Jahr durchzuarbeiten und  Änderungen zum Haushaltsentwurf einzureichen. In der letzten Ratssitzung des Jahres im Dezember wird dann in der Regel der Haushalt verabschiedet. Das geschah jetzt wieder am Mittwochabend im Zuge der letzten Sitzung des Jahres, gleichwohl der bedeutsamsten. 

Die finanzielle Lage der Stadt hat sich  weiter verschlechtert. Bereits im laufenden Jahr gab es Probleme, den Haushalt auszugleichen. Für 2024 wird derzeit ein Fehlbetrag im Finanzplan von rund 5,2 Millionen Euro erwartet. Immerhin: Dadurch, dass in den vergangenen Jahren Haushaltsüberschüsse erzielt werden konnten, ist der Fehlbetrag für das Jahr 2024 noch auszugleichen.

Nach den derzeitigen Planungen muss man allerdings in den Jahren 2025 bis 2027 mit weiteren Fehlbeträgen rechnen. Insbesondere die laufenden Kosten steigen aufgrund von Inflation, gestiegenen Baukosten und anderer bekannter geopolitischer Einwirkungen.

Daher wird der Rat der Stadt dem Vorschlag der Verwaltung folgen und das erste Mal seit 2013 wieder die Grundsteuern A und B sowie die Gewerbesteuer erhöhen. Auch die Vergnügungssteuer für Spielgeräte wurde erhöht.

Seesens Haushaltsplan für das Jahr 2024 steht!

Zu Beginn der Haushaltsdebatte hatte Bürgermeister Erik Homann zunächst gute Nachrichten für die Ratsmitglieder sowie die zahlreichen Einwohner, die die wohl wichtigste Ratssitzung des Jahres im Jacobson-Haus mitverfolgten: „Der Haushalt für das Jahr 2024 gilt als ausgeglichen. „Weniger erfreulich sei jedoch die Tatsache, dass das Zahlenwerk einen Fehlbetrag in Höhe von rund fünf Millionen Euro aufweise – eine Entwicklung, die aufgrund der gestiegenen Energie- und Beschaffungskosten, der Inflation sowie den damit verbundenen hohen Personalkosten aktuell bundesweit in sämtlichen Kommunen zu beobachten ist.

In Seesen wurde darüber hinaus noch die Kreisumlage, also die Abgaben der Stadt an den Landkreis Goslar, um 1,5 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr erhöht.

SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Melone: „Unser Haushalt unterliegt äußeren Gegebenheiten!“   

Unterm Strich schließt der Haushalt 2024 der Sehusastadt mit Erträgen in Höhe von 35.969.600 Euro und Aufwendungen in Höhe von 40.905.500 Euro. Der Rat hat dem Haushaltsplan 2024 nach rund zweistündiger Sitzung und Abstimmung über ergänzende Anträge einstimmig zugestimmt. „„Unsere Haushaltslage ist kein Seesen spezifisches Problem“, verdeutlichte Homann. Das sahen auch die haushaltspolitischen Sprecher der Rats-Parteien so:  „Unser Haushalt unterliegt äußeren Gegebenheiten, auf die wir hier in Seesen keinen Einfluss haben“, äußerte sich SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Melone in ihrer Haushaltsrede.

Doch entgegen vieler anderer Kommunen konnte die Stadt Seesen in den vergangenen Jahren rund 15 Millionen Euro Rücklagen erwirtschaften, aus denen nun der Betrag zum Ausgleich für den Haushalt 2024 entnommen werden kann.

Dass diese Rechnung nicht mehr lange funktioniert und eine Neuausrichtung nötig sein wird, darin waren sich Politik und Verwaltung an diesem Abend einig. „Wir müssen uns der Situation anpassen, Aufgabenkritik üben und unsere Prioritäten setzen, um den Haushalt in die richtige Richtung zu lenken“, gab Bürgermeister Erik Homann einen Ausblick in die zukünftigen Haushaltsberatungen. „Wir müssen mit weiteren Fehlbeträgen rechnen“,  verdeutlichte auch Christiane Raczek, Gruppenvorsitzende der CDU/FDP-Gruppe. Vor diesem Hintergrund hat sich der Rat  dazu entschieden, die Hebesätze für die Steuern anzupassen – zum ersten Mal nach zehn Jahren, wie mehrfach betont wurde. 

Hebesatz für Grundsteuer A wird  auf 405 Prozent angehoben, für die Grundsteuer B auf 425 Prozent

So wird der Hebesatz für die Grundsteuer A von 370 auf 405 Prozent angehoben, für die Grundsteuer B von 380 auf 425 Prozent und für die Gewerbesteuer von 385 auf 400 Prozent. Die Realsteuerhebesätze in Seesen befinden sich damit noch immer unter dem Kreisdurchschnittsniveau.

Trotz allem hält es der Rat der Stadt Seesen und allen voran Bürgermeister Erik Homann für sinnvoll, in Infrastruktur sowie in Projekte zu investieren, die die Stadt voranbringen. „„Wenn wir nicht investieren, hinterlassen wir der Folgegeneration eine marode Infrastruktur –  und das könnte fatale Auswirkungen auf die Zukunft unserer Stadt haben“, führte Homann aus.

Daher sei der Weg der Stadt Seesen genau richtig: Auch im kommenden Jahr sieht der Haushalt Investitionen in die Erschließung von Gewerbe- und Neubaugebieten sowie die Stadtsanierung vor. So werden für die Erschließung der Kirschenallee Planungskosten in Höhe von 100.000 Euro berücksichtigt, für das Baugebiet „Am Eulensumpfe“  in Münchehof 275.000 Euro und für das Baugebiet „„Spottbergsgrund““ in Seesen nochmals rund 60.000 Euro.

Darüber hinaus werden zwei Millionen Euro für den Neubau des Feuerwehrhauses in Seesen und 900.000 Euro für den Neubau des Gerätehauses in Rhüden bereitgestellt. Insgesamt investiert die Stadt rund vier Millionen Euro in den Bereich Ordnung und Sicherheit.

Auch für notwendige Inklusionsprojekte an den Grundschulen in der Jahnstraße und in Münchehof werden Mittel in Höhe von insgesamt 330.000 Euro vorgehalten und auch der Ausbau der Straßen im Stadtgebiet geht weiter voran: Im kommenden Jahr werden unter anderem die Bohnenbleekstraße in Rhüden und die Kastanienstraße saniert. 

 

Erik Homann: „Wir haben in den

vergangenen Jahren bewiesen,

dass wir innovativ sind!“ 


„All diese Projekte zahlen ein auf unseren Ruf als progressive Stadt. Wir haben in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Projekten bewiesen, dass wir innovativ sind“, berichtete Homann.

Zu nennen seien hier die Einrichtung eines Klimaschutzmanagements als erste Kommune im Landkreis, die Etablierung einer Start-Up-Gründerszene, aus der bereits mehrere Unternehmensgründungen hervorgegangen sind, die Digitalisierung der Grundschulen und der Weitblick in Sachen Bau von Mensen.“  Im kommenden Jahr haben Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen. „Wir sind hier bereits vor Jahren aktiv geworden und haben unsere Schulen mit Mensen ausgestattet, um diesem Anspruch gerecht zu werden“.“

Auch zukünftig möchten Politik und Verwaltung den Haushalt mit Weitblick aufstellen und bereits früh in die Haushaltsberatungen einsteigen. Eins ist jedoch allen klar: Trotz positiver Entwicklungen braucht es in den kommenden Jahren strukturelle Anpassungen, das heißt Einsparungen oder Abgabenerhöhungen.

Wie die Vorsitzende der CDU/FDP-Gruppe Christiane Raczek betonte, muss sich die Seesener Politik unbedingt darauf verständigen, ab dem Haushaltsjahr 2025 auf der Ausgabenseite Einsparungen vorzunehmen.

Dafür soll der Haushaltsausschuss im Jahr 2024 regelmäßig ab Januar/Februar tagen und gemeinsam mit der Verwaltung und den Fachausschüssen Einsparungen erarbeiten. Auf den Prüfstand müssen sowohl die freiwilligen Leistungen als auch die Pflichtaufgaben kommen.

Im Bereich der Verwaltung sollen Strukturen und Prozesse untersucht werden, um eine effiziente Verwaltung vorzuhalten, beispielsweise durch weitere Digitalisierung. Nach Ansicht der CDU/FDP-Gruppe muss alles dafür getan werden, das Defizit im Haushalt in den Griff zu bekommen. Dieses wird in einigen Bereichen auch Einschnitte nach sich ziehen.

Durch die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung im vergangenen Jahr war es klar, dass auf der Ausgabenseite Mehrkosten durch den Beginn der Sanierung von unseren Straßen entstehen werden. Im Haushaltsjahr 2024 sind Investitionskosten in Höhe von 350.000 Euro für die Straßen Bohnenbleekstraße und Vor dem Lindenberg in Rhüden sowie der Kastanienstraße in Münchehof vorgesehen. Dadurch, dass die Anlieger durch Beschluss der  Politik nicht mehr finanziell bei Sanierungen der Straßen herangezogen werden sollen, sei es klar, dass diese Sanierungskosten aus dem Haushalt zu bezahlen sind.

Fazit: Die goldenen Zeiten der Haushaltsüberschüsse sind vorbei und nunmehr ist ein klares Handeln aller im Rat vertretenen Akteure nötig. Ansonsten läuft  Seesen Gefahr, in Zukunft die Haushalte nicht mehr ausgleichen zu können. Das hätte zur Folge, dass die Steuern noch weiter steigen und bei den Investitionen und Ausgaben wesentlich mehr gespart werden müsste.uk