Riesen Umweltsauerei oder alles in Ordnung?

Bei der Entfernung der Graffitis an der Lärmschutzwand nahe der Schlackenmühle wurden auch Abbeizmittel verwendet. Laut Anwohner Alexander Brummer hätte das ganze Gemisch entsorgt werden müssen. Der Landkreis sieht das anders.
Bei der Entfernung der Graffitis an der Lärmschutzwand nahe der Schlackenmühle wurden auch Abbeizmittel verwendet. Laut Anwohner Alexander Brummer hätte das ganze Gemisch entsorgt werden müssen. Der Landkreis sieht das anders.
Bei der Entfernung der Graffitis an der Lärmschutzwand nahe der Schlackenmühle wurden auch Abbeizmittel verwendet. Laut Anwohner Alexander Brummer hätte das ganze Gemisch entsorgt werden müssen. Der Landkreis sieht das anders.

Seesen. Ist es nun eine illegale Müllbeseitigung und der Landkreis hat seine Aufsichtspflicht verletzt? Oder war doch alles in Ordnung? Die Meinungen zwischen Alexander Brummer und der Umweltbehörde des Landkreises gehen weit auseinander.

Es geht um den Ausbau der A7 im Bereich Seesen, genau um die Lärmschutzwand an der Schlackenmühle. Diese wurde im Sommer diesen Jahres offiziell übergeben. Fertig war sie eigentlich schon länger und in der Zeit zwischen Beendigung der Arbeiten und der Übergabe passierte, was oft an solchen Stellen passiert – es wurden Graffitis draufgesprüht. Vor der Übergabe sollte natürlich alles wieder „wie neu“ aussehen und die Graffitis wurden entfernt. Um die Farbe zu lösen, wurden chemische Mittel verwendet, anschließend wurden Farbe und der Zusatz mit einem Hochdruckreiniger abgespült.
Musste das Farben-Wasser-Gemisch nun aufgefangen und ordnungsgemäß entsorgt werden, oder durfte dies einfach ins Erdreich versickern? Genau um diese Frage geht es bei dem Streit.

„Als ich gesehen habe, dass die Firma das Mittel auf die Lärmschutzwand aufgebracht hat, habe ich gleich in der Umweltbehörde angerufen und dort mitgeteilt, dass hier eine riesige Umweltsauerei bevorsteht“, erinnert sich Alexander Brummer. Dort wurde ihm von Andrea Bock, zuständig für den Bereich Gewässerschutz, mitgeteilt, dass man sich darum kümmern werde. Auch Brummer selbst war weiter aktiv, fragte bei der via7 nach, die ihn an das zuständige Baukonsortium verwies. Dessen Umweltbeauftragter meinte, dass sei so alles in Ordnung.

Am Nachmittag wurde es dann „ernst“ und die Arbeiter spülten die Graffitis herunter – ohne irgendein Eingreifen des Landkreises. „Ein Einschreiten seitens der unteren Wasserbehörde war nicht erforderlich. Die Recherche ergab, dass ein Reiniger-Gel verwendet wurde, das direkt auf die verunreinigten Stellen aufgetragen wurde. Die Menge des eingesetzten Mittels wurde damit bereits auf ein Minimum reduziert“, heißt es dazu von der Pressestelle des Landkreises. Brummer verweist auf das Produktdatenblatt sowie seine Informationen direkt von den Herstellern, die meinten: „Das sollte man keinesfalls so machen.“

Der Landkreis sieht das anders und schreibt auf „Beobachter“-Anfrage: „Aus dem Sicherheitsdatenblatt des Reinigers ging hervor, dass das Mittel zwar grundsätzlich wassergefährdend ist. Aufgrund des Abstandes zum Grundwasser (Lage auf dem Autobahndamm) und der Kenntnis, dass das Mittel nicht auf chemischen Substanzen, sondern Alkoholbasis aufbaut, wodurch eventuell geringfügige, in das Erdreich gelangte Mengen im Boden abgebaut werden, war ein behördliches Tätigwerden nicht erforderlich. Zudem befand sich keine Trinkwasserversorgung in der unmittelbaren Umgebung.“ Der Brunnen von Brummer selbst, dem ein nahegelegenes Grundstück gehört, sei laut dessen Aussage auch kein Trinkwasserbrunnen. Der Anwohner befürchtet jedoch, für eine Entsorgung zuständig zu sein, sollten sich irgendwann doch Stoffe dort anreichern und diese über das Grundwasser auf sein Grundstück gelangen. Auch die in der Nähe gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen seien dadurch gefährdet.

Bei einem weiteren Telefonat mit Bock, einige Tage nach der Reinigungsaktion, erklärte sie dem Seesener, dass alles in Ordnung sei. Das sieht dieser ganz anders und wirft dem Landkreis vor, seine Pflicht als Überwachungsbehörde zu verletzen. „Wenn ich mein Auto wasche, bekomme ich eine Anzeige. In diesem Fall kommt nicht nur das Spülmittel, sondern auch die Farbe selbst und die spezielle Anti-Graffiti-Beschichtung in den Erdboden und es passiert nichts“, beschwert er sich. Es werde mit zweierlei Maß gemessen.

Doch warum sollte das so sein? Auch dafür hat Alexander Brummer eine Vermutung – nämlich das öffentliche Interesse, dass der dortige Autobahnbau ohne größere Probleme und vor allem Kostensteigerungen bleibt. Bekanntlich baut in diesem Abschnitt nicht der Staat selbst, sondern ein privates Konsortium. Damit solche Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) künftig nicht dadurch verhindert werden, dass die Kosten zu hoch sind, werde auf Umweltschutzbelange nicht so hohen Wert gelegt. Immerhin koste eine seiner Meinung nach ordnungsgemäße Entsorgung solcher Stoffe eine Menge Geld.
Brummer möchte, laut eigener Aussage, nicht künftige ÖPP-Bauten verhindern, aber: „Die Überwachungsbehörden sollen ihren Job machen!“dh