„Seesen, mein Sehnsuchtsort!”

Django Asül beim Seesener Kulturforum

Seesen. Wenn ein Bayer nach Seesen kommt, steht „im Festspielhaus“ in der St. Annenstraße ein Weißbier bereit und nicht nur wegen der nahen Harzberge heißt es dann: „Für uns Bayern war Seesen immer schon Sehnsuchtsort.“ Das Seesener Kulturforum hatte den Kabarettisten Django Asül wieder einmal für eine Veranstaltung in die Aula eingeladen. Das aktuelle Programm heißt „Die letzte Patrone“, sie wurde zwar begrifflich nicht genannt, war aber trotzdem im besten Sinne „treffend“.

Django nähert sich dem Publikum über die regionale Geschichte an, spickt sie mit augenzwinkernder Ironie, hebt Busch und Steinway hervor: „Die ersten Bürgermeister waren Max und Moritz“ und setzt einen Blick von New York auf die Alte Seesener Welt. Django Asül ist in Hengersberg aufgewachsen. Wenn man den Ortsnamen aus dem Munde eines Kabarettisten hört, mag man an der Existenz zweifeln, aber es gibt ihn wirklich. Für Seesener liegt Hengersberg „hinter“ Deggendorf.

Die Rückblicke des türkischstämmigen Niederbayern fordern ein „sinnvolles Umgehen mit der Restlaufzeit“, zumal welterkennende Analysen belegen, dass der Mensch jedes Jahr etwas älter wird. Sinnvoll wären das Mitmachen bei der Freiwilligen Feuerwehr oder konkreter pädagogisch die Funktion des Jugendwarts im „Krieger- und Veteranenverein“ oder wachsames Mitglied der Bürgerwehr: „Bei den diffusen Ängsten weiß man im Ernstfall nicht, wohin man schießen soll!“ So tun Pfefferspray, oder besser eine Pfeffermühle genug abschreckende Wirkung. Asüls heimatlicher „Cappuccino- Stammtisch“ ist der Nährboden für seine kabarettistischen Spitzen, der Ort, an dem er täglich seinen Satire- Durst stillen kann: Weltpolitik und Biographisches, Asyl und Asül vermischen sich.

Kunstvoll werden banalste Einsichten in das kompliziert-komplexe Stammtisch-Analysieren eingebaut, kollagierte Welterklärung entspringt den Kneipenverlautbarungen dumpf hinter dem Capuccino-Dampf. Auto ist Stammtischthema. „Ein Turbo ist ein zwangsbeatmetes Auto“, der Rest atmet frei. Das Flüchtlingsthema wird am einzelnen Känguru im Vorgarten sinnfällig erklärt. Nichts gegen Flüchtlinge, aber „bloß, weil I nix gegen was hab, muss des net dasein.“

„Auf Einzelschicksale darf man nicht Rücksicht nehmen.“ Nordafrika ist der neue ferne Süden („Die Araber sind so anders veranlagt, so sexuell.“). Europa wird aus der griechischen Mythologie heraus erklärt, Zeus wird bayrisch verstanden als „zoi’s!“ (zahl es!). „Wäre Europa ein Mensch, hätte es als Sternzeichen ein Rindvieh“. Beckenbauer müsse man zum Flüchtlingsbeauftragten machen, „der unterschreibt doch sowieso alles!“ Das CSU-Ausländer-Raus sah man deutlich an dem Rausschmiss von Bayern-Trainer Ancelotti.

Die Kabarett-Welt des Django Asül erfasst am Rande Merkel und von der Leyen, die AfD findet Erwähnung und die bayrische CSU findet darin so gut wie gar nicht statt. Der heimatliche Stammtisch-Blick ist offensichtlich weit genug, um Welterklärungen zu finden und auch die globalen Weiterungen zu fassen. Amnesty international findet nicht mehr statt, aber Amnesie global herrscht. Der herzliche Schlussapplaus beim Seesener Kulturforum begleitet den Blumendank auf der Bühne.

Zur einzelnen Prachtrose gibt Django Asül den Schlusskommentar: „In Seesen weiß man, was Männer wünschen. Frauen kriegen dann wohl einen Werkzeugkasten.“red