Seesener Gründerökonomie wird genau beobachtet

Unternehmertag im Jacobson-Haus / Dabei ging es auch um die Digitalisierung im ländlichen Raum

Die Mitglieder des im August neugegründeten Wirtschaftskreises stehen den Gründern als Fachberater zur Seite. Im Jacobson-Haus wurde ein sogenannter Coworkingspace eingerichtet. Aktuell arbeiten hier vier Gründer als ihrer Unternehmensidee. Das alles wurde beim Unternehmertag mit beleuchtet.

Seesen. In der Sehusastadt ist der Begriff Entrepreneurship kein Fremdwort mehr, schließlich wird seit Februar 2018 daran gearbeitet, etwas ganz Neues auf den Weg zu bringen. Dahinter steckt die Gründung von Unternehmen basierend auf innovativen Geschäftsideen im ländlichen Raum, die dann von Seesen aus in die Welt geschickt werden. Und die ersten Früchte trägt das Ganze: „Aktuell wird an vier konkreten Ideen im hiesigen Coworkingsspace gearbeitet“, sagte Professor Dr. Reza Asghari am Dienstagnachmittag beim Unternehmertag in Seesen. Über 80 Gäste waren der Einladung ins Jacobson-Haus gefolgt, um neue Impulse für die Digitalisierung im ländlichen Raum mitzunehmen.

„Seesen ist keine europäische Metropole, umso stolzer können wir alle sein, was hier entsteht“, so der Professor, der seit dem 1. März 2009 Inhaber der Professur für Entrepreneurship an der TU Braunschweig und Ostfalia Hochschule und in dieser Funktion auch Leiter des an beiden Hochschulen angesiedelten Entrepreneurship Hubs. Zugleich fungiert er als verlässlicher Partner für die Stadt Seesen. Für ihn eine Herzensangelegenheit, denn so lässt sich Wissenschaft und Wirtschaft wunderbar vereinbaren. Eines ist klar, die Seesener Bemühungen um die Schaffung eines Gründerökosystems werden in der Region und auch in Hannover genau beobachtet. Stefan Muhle, Staatssekretär des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, hat das Ganze im Blick. Ihm ist niedersachsenweit kein vergleichbares Projekt bekannt, das auch so eine kompetente Begleitung und Struktur aufweist. Stefan Muhle hofft bei Erfolg auf einen großen Impuls für andere Kommunen und Unternehmer diesen Schritt zu gehen. Nicht in den Städten, was es teilweise gibt, sondern im ländlichen Raum.

Dafür werben kann der Seesener Unternehmer Pascal Herrewyn, der erfolgreich ein Unternehmen, das allein im Onlinehandel agiert, gegründet hat. Zudem wohnen im ländlichen Raum auch Vorteile inne: „Die Anmietung von Lagerräumen ist einfacher und kostengünstiger“, so der Seesener. Doch eine Sache liegt ihm, der im neu gegründeten Wirtschaftskreis auch die neuen Gründern als Fachberater zur Seite steht, sehr am Herzen. Die Gründer müssen auch ausprobieren, auch einmal scheitern können ohne das dieses Versagen wie ein Makel über allem steht. Hier wünscht er sich ein Umdenken in der Gesellschaft.

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist nicht einfach, auch viele Handwerker scheuen ihn mittlerweile. Ein Trend, den Eckhard Sudmeyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, im Rahmen der Podiumsdiskussion beim Unternehmertag verdeutlichte. Vor allem zeigt sich das im Meisterkurs, vor Jahren waren es gut 18 von 20 Absolventen die den Kurs belegten, mit dem Ziel sich einmal selbstständig zu machen. Wenn es heutzutage noch fünf sind, ist das viel. Oft nur einer.

Aber Sudmeyer sieht in der Digitalisierung auch eine große Chance für das Handwerk. Berufe, die fast vorm Aussterben waren, erfahren durch die neuen Möglichkeiten einen Aufschwung. Er berichtete dabei von mehreren Weberinnen. Früher haben sie ihre Textilien nur auf Wochenmärkten angeboten, heutzutage nutzen sie den Internetshop. „Mit Erfolg, sie haben sogar Bestellungen aus Australien“, so Sudmeyer.

Eines ist klar, ohne die erforderliche Infrastruktur – vor allem in puncto schneller Internetanschluss – funktioniert es heutzutage nicht mehr. Da sind sich alle einig. Zugleich ist es auch ein Aspekt, den Staatssekretär Stefan Muhle in seinem Fachvortrag beleuchtete. Unter den drei Punkten Aufholen, Akzente setzen und Nachdenken widmete er sich der aktuellen Entwicklung in Sachen Digitalisierung. Seiner Meinung nach hatte das Land die digitale Infrastruktur viel zu lange nicht im Fokus. „Wir müssen hier dringend aufholen“, so der Staatssekretär. Mühsam musste erst einmal der Ist-Zustand in Sachen digitale Möglichkeiten ermittelt werden. Dabei meinte er beispielsweise eine Übersicht, was es für Anschlüssen in den Schulen und Krankenhäusern überhaupt gibt.

Sehr begrüßt wurde auch der Ansatz der Seesener bereits in die Schule zu gehen. Mit dem Jacobson-Gymnasium gibt es eine Kooperation. Für Stefan Muhle eine Idee, die niedersachsenweit Schule machen sollte. Ihm schwebt ein einwöchiger Kurs im Schuljahr für die Zehnt- oder Elftklässler vor. Dabei sollen sie nicht die Frage beantworten, was sie einmal werden sollen, sondern was sie gründen wollen. „Mein Wunsch wäre jemand, der so etwas umsetzt“, so Stefan Muhle.syg