Seit März registriert die Polizei schon rund 30 Betrugsfälle über WhatsApp

Landkreisweit gibt es Fälle, darunter einige auch in Seesen / Nicht nur Senioren betroffen

Bei WhatsApp (grünes Symbol) sind zwei neue Nachrichten eingegangen. Betrüger nutzen auch diesen Dienst.

Seesen. Einmal mehr versuchten Unbekannte mit einer Betrugsmasche an das Ersparte einer Seesener Seniorin zu kommen. Am vergangenen Mittwoch erschien eine 77-jährige Seesenerin in der Polizeidienststelle und zeigte an, einen Tag zuvor über den Messengerdienst „WhatsApp“ eine Nachricht ihrer angeblichen Tochter bekommen zu haben. Die Tochter habe eine neue Telefonnummer und sei nur noch über diese zu erreichen. Da die Dame keine Tochter hat, fiel der Betrugsversuch auf. Die Dame erstattete Anzeige. Doch laut Polizeisprecher Markus Lüdke läuft das leider nicht immer so glimpflich ab.

Seit März gibt es landkreisweit rund 30 Betrugsfälle, bei den die Kriminellen auf diese neue Masche zurückgriffen. Teilweise führte das zu erheblich finanziellen Schäden bei den Opfern. „Und es sind keinesfalls nur Senioren, die durch die perfiden Tricks der bandenmäßig organisierten Täter geschädigt werden“, betont der Polizeisprecher in diesem Zusammenhang. Im Gegensatz zu anderen Betrugsformen, in denen meist fünfstellige Kautionen – also mindestens 10.000 Euro – oder ähnliches gefordert werden, zielen es die Betrüger beim WhatsApp-Betrug auf die Rechnungsbegleichung von vierstelligen Beträgen ab. Im Bereich der Polizeiinspektion Goslar, zu der auch das Seesener Polizeikommissariat gehört, bewegen sich die Schadensummen derzeit meist zwischen gut 1.000 und 5.000 Euro.

Wie der „Beobachter“ bereits berichtete, fiel eine 70-jährige Seesenerin Ende April darauf herein. Sie hatte schon zwei der drei geforderten Überweisungen für ihre angebliche Tochter ausgeführt. Erst dann fragte sie nach. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon 2.354 Euro überwiesen.

Diese Variante zielt ebenso wie viele andere darauf ab, die Hilfsbereitschaft der Menschen, in Not geratene engste Angehörige sofort zu unterstützen, auszunutzen. Welcher Vater, welche Mutter ist nicht bereit ihren Sohn, ihre Tochter in einer kurzfristigen finanziellen Notlage übergangsweise zu unterstützen? Hierbei wird von den Tätern nicht die verbale, sondern die schriftliche Kommunikationsform über den beliebten Nachrichtendienst „WhatsApp“ bevorzugt.
Dieser Messenger wirbt seit längerem mit einer „Ende zu Ende Verschlüsselung“. Viele der Anwender sind daher der irrigen Annahme, dass bei einer sicheren verschlüsselten Verbindung nichts schieflaufen kann. Eine „sichere Ende zu Ende Verschlüsselung“ schützt nicht vor dreisten Lügengeschichten. An folgendem

Beispiel wird das Vorgehen der Täter bei dieser Betrugsmasche dargestellt:

Täter: „Hallo Mama, mein Handy ist kaputt. Das ist meine neue Nummer."

So oder so ähnlich beginnen die WhatsApp-Nachrichten, versandt von einer unbekannten Nummer. Der Gedanke an die eigene Tochter oder den Sohn lässt viele der Empfängerinnen und Empfänger auf die unbekannte Nummer schließlich antworten. Folgender weiterer Ablauf hat bereits diverse Male zum Erfolg geführt:

Opfer: Hallo Kind, welches von euch bist du denn?

Täter: 3 x raten, wer sein Telefon in der Waschmaschine vergessen hat.

Opfer: Sebastian?

Täter: Ja, wie geht es Dir?

Opfer: Wie gut ich meine Kinder doch kenne, wäre schön, wenn wir uns mal wieder treffen... Liebe Grüße auch an Lisa.

Täter: Mach ich.

Täter: Mama, kannst du diese Rechnung von XXXX heute für mich vorstrecken? Ich komme wegen meiner neuen Nummer nicht mehr in meine Banking App. (Im Anhang ist eine Datei mit einer Rechnung von beispielsweise einem Versandhändler mit einem vierstelligen Rechnungsbetrag angehängt.)

Opfer: Was ist das? Wer ist denn der Empfänger XXXXX

Täter: Das ist der Zahlungsverwalter, ich kann Dir das Geld am Wochenende zurückgeben. Geht das?

Der Chatverlauf setzt sich in dieser Art oder in ähnlicher Weise fort, bis der Betrug erkannt wird oder der Erfolg eintritt. Auch andere Formen der Kontaktaufnahme sind bereits vorgekommen, beziehungsweise denkbar. Beispielsweise kann der vermeintliche Sohn/die Tochter vorgeben, den Anbieter gewechselt zu haben und deshalb eine neue Handynummer zu haben. Der Erfindungsreichtum der Täter kennt scheinbar keine Grenzen, um beim Opfer die Gefühlsebene zu erreichen und Hilfsbereitschaft zu erzeugen. Versuche der Opfer, einen telefonischen Kontakt herzustellen, um die Angaben zu überprüfen, scheitern meist an vorgetäuschten Problemen mit dem Mikrofon am Handy des „Sohnes“ beziehungsweise der „Tochter“.

Beachten Sie daher folgendes:

• Wenn Sie von Ihnen bekannten Personen unter einer unbekannten Nummer kontaktiert werden, speichern Sie die Nummer nicht automatisch ab.

• Fragen Sie bei der Ihnen bekannten Person unter der alten Nummer nach.

• Geldüberweisungen über WhatsApp und andere Messenger sollten immer misstrauisch machen und überprüft werden.syg