Senioren-Sicherheitsberater erden immer unverzichtbarer

Vor über einem Jahr startete die Polizeiinspektion Goslar landkreisweit ein Pilotprojekt / Positive Bilanz

Zogen gemeinsam eine positive Bilanz (von links): Stephani Gobernack und Harald Töpfer vom Präventionsteam der Polizeiinspektion Goslar, die drei aktiven Seniorensicherheitsberater Günter Borchers, Ralf Schoss und Gudrun Ribbe sowie Polizeidirektorin Petra Krischker.

Seesen/Lutter/Goslar. Gudrun Ribbe kam es immer noch nicht fassen. Wenn sie gemeinsam mit Ralf Schoss als Seniorensicherheitsberater in Lutter, Langelsheim, Liebenburg und in Teilen des Oberharzes unterwegs ist, gibt es keinen Ort, wo Unbekannte es nicht schon probiert haben, die Senioren um ihr Erspartes zu bringen. „Hier muss etwas getan werden”, dachte sich die Goslarerin und engagiert sich im Projekt „Mit Uns nichT” kurz MUT, das die Polizeiinspektion Goslar vor über einem Jahr ins Leben gerufen hatte. 22 Senioren sind landkreisweit im Einsatz, in Seesen haben Karin Henne-Gutsch und Günter Voß die Aufgabe übernommen. Jetzt zogen Polizeidirektorin Petra Krischker, Harald Töpfer, Beauftragter für Kriminalprävention bei der Polizeiinspektion und Stephani Gobernack vom Präventionsteam Bilanz. Eine Erfolgsgeschichte.

Anfänglich wurden die Initiatoren belächelt, was denn das bringen soll, wenn Senioren präventiv Senioren beraten. Doch mittlerweile sind die 22 ausgebildeten Seniorensicherheitsberater nicht mehr wegzudenken. Die Zahlen aus dem vergangenen Jahr sind beachtlich: 31 Vorträge wurden landkreisweit gehalten – darunter zwei in Seesen und einer bei den LandFrauen in Lutter, dabei wurden insgesamt 804 Senioren erreicht, im Durchschnitt sind das 26 Senioren pro Veranstaltung. Hinzu kommen allein 490 Einzelgespräche oder Diskussionen in Kleingruppen. Darüber hinaus gibt es zweimal im Jahr Kurse an der Kreisvolkshochschule in Goslar zum Thema Sicherheit bei Senioren.

In Zweierteams sind die Berater vor Ort. Vor allem binden sie die Senioren mit ein, und lassen sie erzählen. „Viele staunen, wenn ich sage, dass das Gitter am Kellerfenster für weniger als fünf Euro sicher gemacht werden kann”, sagt Ralf Schoss. Er kümmert sich bei der Beratung um alle Sachen, die ohne die Senioren laufen, wie die Sicherung vor Einbruch. Wie wichtig das ist, davon kann Seniorensicherheitsberater Günter Borchers aus Hahndorf aus eigener, leidvoller Erfahrung berichten. Vor zweieinhalb Jahren wurde in sein Haus eingebrochen. Deshalb legt er in seinen Beratungen den Schwerpunkt auf die Einbruchskriminalität.

Die Goslarerin Gudrun Ribbe berät eher auf emotionaler, persönlicher Ebene vom Enkeltrick über Haustürgeschäfte bis zum falschen Polizeibeamten. „Die Senioren müssen  mutig sein, auch Anrufer energisch abweisen, vor allem nicht die Haustür öffnen”, gibt sie den Senioren mit auf den Weg. Ein Stück weit betroffen macht sie, wie viele selbst  angerufen wurden. Der Enkeltrick wurde durch das Auftauchen falscher Polizisten abgelöst. Bei Letzterem sind allein 64 Fälle aus dem vergangenen Jahr im Landkreis Goslar bekannt, elf Mal waren die Täter erfolgreich. Viel höher ist die Dunkelziffer. „Eine besorgniserregende Entwicklung, denn viele vertrauen der Polizei nicht”, sagt Petra Krischker.

Gudrun Ribbe, die für das Gebiet Lutter, Langelsheim, Liebenburg und Teile des Oberharzes zuständig ist, fuhr allein 300 Kilometer für das Projekt MUT. Ehrenamtlich. Ohne Kostenerstattung. Und genau bei den Fahrtkosten sieht die Polizeidirektorin dringend Nachholbedarf. Es kann laut Petra Krischker nicht sein, dass die Seniorensicherheitsberater noch Geld drauflegen, obwohl sie für die Polizei ehrenamtlich im Einsatz sind. „Ich will kein Geld, denn die Arbeit macht mir unheimlich viel Spaß und ist wichtig, nur die Fahrtkosten sollten drin sein”, betonte die Goslarerin Gudrun Ribbe.

Laut Petra Krischker gibt es mittlerweile sogar andere Polizeiinspektionen, die mehr über das Projekt erfahren wollen. Beachtlich ist auch, dass es 22 Seniorensicherheitsberater allein nur im Landkreis Goslar sind. Zum Vergleich: Für ganz Brandenburg sind nur 26 Senioren im Einsatz und 16 Personen sind es landesweit in Schleswig-Holstein.

Zwei Senioren werden sich in diesem Jahr laut Harald Töpfer zurückziehen, sodass es noch 20 Seniorensicherheitsberater sein werden. Perspektivisch ist für 2020 ein neuer Ausbildungsdurchgang geplant. Vor allem für Seesen und den Oberharz will die Polizei Seniorensicherheitsberater ausbilden. Interessierte können sich jetzt schon bei Harald Töpfer melden, möglich ist das entweder unter der Telefonnummer (05321) 339205 oder per E-Mail an praevention@pi-gs.polizei.niedersachsen.de, hier beantwortet er auch Fragen rund um Ausbildung und den Einsatz.syg