Sie haben (fast) die ganze Welt gesehen

Ruth und Günter Tiller feiern heute ihre Eiserne Hochzeit

Ruth und Günter Tiller feiern heute ihre Eiserne Hochzeit. In der Hand halten sie hier ihr Hochzeitsfoto aus dem Jahr 1957.

Seesen. Bewegte 65 Jahre haben sie miteinander verbracht. Am heutigen 25. Januar feiern Ruth und Günter Tiller aus Seesen das durchaus seltene Fest der Eisernen Hochzeit. Am 25. Januar 1957 haben sich die beiden im Seesener Rathaus das Ja-Wort gegeben. Damals lebten sie in Seesen, doch dabei sollte es nicht bleiben.
Schon kurz vor der Hochzeit brachte Ruth Tiller Tochter Beate zur Welt. „Wir konnten nicht vorher heiraten, weil wir noch zu jung waren“, berichte das Ehepaar. Günter wurde im Jahr 1937 in Düderode geboren, Ruth unter ihrem Mädchennamen Fischer zwei Jahre zuvor in Seesen. Kennengelernt hatten sie sich bei Schmalbach. Günther Tiller hatte dort seine Ausbildung gemacht und arbeitete später in der Druckerei. Seine spätere Ehefrau war zunächst Verkäuferin: „Meine Freundinnen, die bei Schmalbach arbeiteten, hatten aber immer mehr Geld zur Verfügung. Das wollte ich auch.“ Sie ging, gegen den Willen ihrer Eltern, dort in die Produktion – und lernte wenig später den jungen Günther kennen.

Kurz nach der Hochzeit ging es für die beiden dann nach Tirol, nach Kufstein. Dort arbeitete der Ehemann in der Firma eines Bekannten aus gemeinsamen Schmalbach-Zeiten. Knapp neun Jahre blieben die beiden in Österreich. In dieser Zeit wurde auch das zweite Kind, Sohn Thomas, geboren. Dann ging es weiter nach Heilbronn. Dort hatte Schmalbach ein neues Werk eröffnet und Günther Tiller sollte die Druckerei mit aufbauen. „Wir dachten eigentlich, dass wir dort bleiben würden“, blickt Ruth Tiller zurück. Doch es sollte anders kommen. Ihr Mann bekam das Angebot, in Seesen die Leitung der Druckerei zu übernehmen. Nach etwas Bedenkzeit ging es also 1978 zurück in die Heimat.

Die beiden hatten also schon einiges gesehen, als sie um die Jahrtausendwende in den Ruhestand eintraten. Doch dabei sollte es bei Weitem nicht bleiben. Denn nun begannen die „großen“ Reisen. Sie besuchten viele Länder in Europa: Eine Wohnwagentour in Norwegen, Reisen nach Portugal, Budapest oder Istanbul. Bis auf Asien bereiste das Jubelpaar im Laufe der Zeit alle Kontinente. Neuseeland, Mexiko oder die USA waren einige Ziele. Ganz besonders tat es den beiden auch Südafrika an, wo sie durch den Krueger-Nationalpark fuhren. „Früher hielt ich nicht viel von Tieren, aber das dort hat mich absolut fasziniert“, zeigt sich Ruth Tiller auch heute noch begeistert. Dort waren sie übrigens genau am 11. September 2001 – und wunderten sich über die harten Kontrollen bei der Rückreise. Denn erst zurück in Deutschland erfuhren sie von den Ereignissen.

Das Reisen hat in den vergangenen Jahren nachgelassen, auch aufgrund diverser Operationen. Wenn, dann geht es jetzt „nur“ noch zur Familie. Denn von dieser wohnt niemand in der näheren Umgebung. Sohn Thomas wohnt schon seit Jahrzehnten in der Nähe von Genf, hat inzwischen auch die Schweizer Staatsangehörigkeit. Tochter Beate lebt in Kaiserslautern. Inzwischen gehören fünf Enkel und fünf Urenkel zur Familie.

Viele Jahre waren beide auch sportlich aktiv, sie bei der MTV-Gymnastik, er bei der Wassergymnastik in der Sehusa Wasserwelt. Beides geht nun schon seit fast zwei Jahren nicht mehr. Auch Besuche bei Musik-, Musical- oder Theaterveranstaltungen, gerne auch in Hamburg oder der Dresdner Semperoper, standen früher hoch im Kurs. Derzeit bleiben Handarbeiten oder die Bücher. Und natürlich die Familie, in der es inzwischen unter anderem vier Doktoren und einen Professor der Chemie gibt. „Die Familie muss zusammengehalten werden, darauf lege ich sehr viel Wert. Wir haben zu unseren Kindern und Enkelkindern ein gutes Verhältnis, die kommen uns auch regelmäßig besuchen“, erklärt Ruth Tiller. Über ein Smartphone hält das Jubelpaar dazwischen den Kontakt und freut sich immer über aktuelle Fotos. Beide sind sehr zufrieden damit, dass sie alleine noch so gut zurechtkommen. Wie sie 65 Jahre miteinander „ausgehalten“ haben? „Es gab sicher Höhen und Tiefen. Man muss sich aber auch in schlechten Zeiten wieder zusammenraufen“, gibt die 86-Jährige einen Tipp.

Eine Feier wird es am heutigen Ehrentag nicht geben. „Das holen wir nach, wenn es wieder möglich ist“, berichtet Günter Tiller. Der ein oder andere Besucher wird möglicherweise vorbeischauen, da lassen sich die beiden überraschen. Der „Beobachter“ wünscht dem Jubelpaar alles Gute und noch viele schöne, gemeinsame Jahre.dh