Stolpersteine glänzen wieder

Zehntklässler der Oberschule reinigen die Gedenksteine an die Opfer des Nationalsozialismus

Lukas Lender, Josy-Chantal Meyer, Leon Waschke und Lea Biergans aus der Klassenstufe 10 beim Reinigen der Stolperstein in der Jacobsonstraße. Intensiv hatten sich die Zehntklässler mit der Bedeutung der Stolpersteine beschäftigt und sich mit der durchaus kontroversen Diskussion über die Stolpersteine auseinandergesetzt.

Seesen. Es sind Stolpersteine mit kleinen Inschriften, über die man im wahrsten Sinne des Wortes, aber mit Herz und Verstand, stolpern soll. Darauf zu lesen sind Namen, Daten und Schicksale, die über längst vergessene Menschen erzählen, um sie und ihre Geschichten wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Die zehn mal zehn Zentimeter großen Betonsteine mit Messingplattenaufsatz werden seit 1995 in die Bürgersteige Deutschlands eingelassen und sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Mit ihnen soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Auch in Seesen gibt es Stolpersteine.

Am 25. Juli 2006 wurde der erste Stein verlegt, dem folgten am 9. März 2012 weitere zwölf Steine und eine Stolperschwelle. Am 3. Dezember 2012 wurden erstmals in Rhüden drei Steine an zwei Adressen und am 4. Dezember 2012 in Seesen 18 weitere Steine an fünf Adressen verlegt. Damit verfügt Seesen über 33 Stolpersteine und eine Stolperschwelle.

In dieser Woche haben Schülerinnen und Schüler der Oberschule Seesen wieder die Stolpersteine in Seesen und Rhüden gereinigt. Die Steine sind vor Häusern zu finden in denen jüdische Mitbürger lebten, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Der Hintergrund für die Reinigung am 9. November ist vielschichtig. Zum einen ist es das Erinnern an die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, zum anderen ist es für die 20 Schülerinnen und Schüler der Oberschule Seesen der inhaltliche Auftakt der Vorbereitungsphase auf eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz. Diese wird im Februar 2019 stattfinden.

Intensiv haben sie sich mit der Bedeutung der Stolpersteine beschäftigt und sich mit der durchaus kontroversen Diskussion über die Stolpersteine auseinandergesetzt. Dass die Reaktionen auf die Reinigung der Stolperstein nicht nur positiv sein können, hatte eine Gruppe von Schülern im März 2015 erlebt (der „Beobachter“ berichtete seinerzeit). Wie man in solchen Situationen reagiert und wie man für sich selber damit umgeht, war ein weiterer Bestandteil der Vorbereitung. Die Mitglieder der Gruppe werden die Analyse der Lebensgeschichten von Schülern der Jacobsonschule und Seesener Bürgern, die Anfang des Jahres begonnen wurde, weiterführen.

Insgesamt 33 Steine wurden wieder zum Glänzen gebracht. In mehreren Gruppen gingen die Zehntklässler durch die Stadt.

Damit sie vom alltäglichen Dreck befreit werden können, werden sie zunächst grob mit Wasser abgespült. Anschließend wird mit einem Schwamm und Putzmittel, extra für Metall, drübergeschrubbt. Zum Abschluss wird noch einmal mit Wasser abgespült und mit einem trockenen Tuch poliert.
Eine zweite Vorbereitungsphase wird kurz vor der Fahrt folgen. In ihr wird die Gruppe für sich den historischen Kontext wiederholen und sich auf den Aufenthalt in der Stadt Oswiecim und die Gedenkstätten Auschwitz und Auschwitz-Birkenau vorbereiten.

Die Nachbereitung wird mit einer Präsentation der Schülerinnen und Schüler enden. Einen wichtigen Stellenwert hat diese Gedenkstättenfahrt im Hinblick auf das von Richard von Weizsäcker geforderte Postulat des „Erinnerns als Aufgabe“. Dies sieht die Schule und der Leiter der Fahrt,  Dr. Thomas Droste, durch diese Fahrt in hohem Maße realisiert.

Ein nicht nur für die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler spannendes Projekt, welches die Brücke schlägt von dem was vor 80 Jahren geschah und für Seesener Bürger in Auschwitz endete, und zu aktuellen Diskussionen und Auseinandersetzungen in unserer Gesellschaft.uk