Streik der Asklepios-Beschäftigten geht auch zu Corona-Zeiten weiter

Gut 200 Teilnehmer bildeten Menschenkette / Fronten sind weiter verhärtet / Klare Forderungen von beiden Seiten

Gut 200 Personen bildeten in Seesen eine Menschenkette, hier von der Granestraße bis zur Klinikeinfahrt.

Seesen. Applaus ist Anerkennung für die erbrachte Leistung, mehr aber auch nicht. Den Beschäftigten der Asklepios-Kliniken Schildautal bringt das in ihrem Kampf für einen Tarifvertrag in Anlehnung an den des öffentlichen Dienstes kein  Stück weiter. Nach viermonatiger Streikunterbrechung gab es am gestrigen Dienstag nun eine coronabedingte Anpassung. Statt Demonstrationszug durch die Seesener Innenstadt samt Kundgebung vorm Rathaus rief die Gewerkschaft ver.di zur Bildung einer Menschenkette an der Lautenthaler Straße auf.

Natürlich unter Einhaltung des Mindestabstandes und unter Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, an die sich alle hielten. Begonnen wurde an der Klinikeinfahrt. Gut 200 Teilnehmer waren laut ver.di gekommen. Die Asklepios-Geschäftsführung geht nach ihren vorliegenden Unterlagen von einer Streikbeteiligung von insgesamt 105 Mitarbeitern aus, inklusive Therapeuten, die Dienst gehabt hätten. Zugleich weist die Klinikleitung darauf hin, dass 1100 Mitarbeiter am Standort Seesen beschäftigt sind. Bemerkenswert ist aber, dass sich auch Vertreter des Bürger Bündnisses „Wir für Seesen“, einzelne Seesener, Vertrauensleute der Firma Crown samt dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Marcus Golis und DGB-Angehörige in die Menschenkette einreihten.

„Wenn das nicht beeindruckend ist, weiß ich auch nicht“, äußerte sich Ulrich Finster, Sprecher des Bürger Bündnisses vor Ort im Gespräch, dabei ließ er den Blick schweifen. Immer wieder hupten die vorbeifahrenden Autofahrer, um ihre Unterstützung zu signalisieren. „Wir haben Asklepios heute gezeigt, dass wir an unseren Forderungen festhalten. Wir kämpfen weiter dafür, ein Team zu bleiben. Therapeuten, Reha-Klinik und Akut-Haus – wir alle arbeiten eng zusammen und wollen auch einen Tarifvertrag für alle“, unterstreicht Gesa Hegerhorst, ver.di-Teamdelegierte.

Wie Regionalgeschäftsführerin Adelheid May wertet auch Sebastian von der Haar, Geschäftsführer der Asklepios Kliniken Schildautal, die Aktion als „unverantwortliches Funktionärsgehabe“ seitens ver.di. „Durch den Streik wird die Behandlungskapazität eingeschränkt, somit sind die Patienten die Leitragenden“, so der Geschäftsführer. Der Betriebsratsvorsitzende und Mitglied der Streikleitung, Oliver Kmiec, erklärt: „Die Arbeitsbedingungen und Entlohnung bei uns in den Schildautalkliniken bleiben nach wie vor weit hinter denen anderer Arbeitgeber in der Region zurück. So können wir aber kein Personal halten oder gewinnen. Asklepios setzt den Ruf unserer Klinik aufs Spiel.

Die größte Anerkennung der Geschäftsführung, für die Leistungen der Asklepios-Beschäftigten in der Corona-Krise, wäre an den Verhandlungstisch zu kommen und mit ver.di einen fairen Tarifvertrag für alle Beschäftigten des Hauses zu verhandeln“. Der Geschäftsführer entgegnete diesbezüglich in seiner Stellungnahme, dass sie bereits im Februar ein umfangreiches und nochmals überarbeitetes Angebot an den Betriebsrat übergeben haben. „Allein in meiner Dienstzeit in Seesen war dies die dritte Anpassung und damit ein Schritt des Arbeitgebers auf die Arbeitnehmerseite zu.

Bisher hat der Betriebsrat allerdings darauf nicht reagiert, die Punkte im Protokoll der Gespräche nicht abgearbeitet“, unterstreicht Sebastian von der Haar. Für die Geschäftsführung bleibt der Betriebsrat der einzige akzeptable Verhandlungspartner. Sich mit ver.di an einen Tisch zu setzen, wird kategorisch abgelehnt. Zugleich weist er noch einmal darauf hin, dass die Beschäftigten seit dem 1. Juli insgesamt 3,66 Prozent mehr Geld bekommen.

Laut von der Haar ein positives Zeichen. Mehr noch: „Im vergangenen Jahr haben wir unseren Mitarbeitern in der Pflege aus freien Stücken mehr gezahlt, als wir nach der bei uns vereinbarten, geltenden Arbeits- und Sozialordnung verpflichtet gewesen wären“, heißt es in seiner Stellungnahme. Für ver.di-Sekretär Patrick von Brandt ist alles außer Tarifverhandlungen nicht akzeptabel. „ Asklepios muss endlich die Verweigerungshaltung aufgeben und sich an den Verhandlungstisch setzen“, betont er noch einmal.

Die Gewerkschaft hat die Beschäftigten insgesamt zu einem dreitägigen Streik aufgerufen, der noch bis zum morgigen Donnerstag, genauer bis zum Ende der Spätschicht andauert. Es gibt laut dem ver.di-Sekretär keine nach außen sichtbaren Aktionen mehr. „Reagiert der Arbeitgeber nicht, geht es kommende Woche weiter“, teilt er auf Anfrage dazu mit. Was dann geplant ist, ließt er noch offen.sbg