Tierhilfe Seesen und Umgebung fehlt Geld für die Katzenkastration

Situation seit Herbst 2020 besonders gravierend / Appell wegen Katzenkastrationspflicht

Die tierischen Mitbewohner fühlen sich wohl. Sie wissen nichts um die Sorge des Vereins.

Münchehof/Seesen. Tag und Nacht immer in Bereitschaft, das gilt auch für die Mitglieder der Tierhilfe Seesen und Umgebung. Allen voran für die 1. Vorsitzende Silvia Quittkat. Sie helfen in größter Not, wenn herrenlosen Tiere im Stadtgebiet Seesen und der Umgebung aufgegriffen werden. Doch die letzte Rettungsaktion wirkt sich bis heute aus.

Die 1. Vorsitzende funkt nun selbst SOS, denn für die notwendige Kastration und fürs chippen der Katzen fehlt dem Verein derzeit schlichtweg das Geld.
Der Tierschutzverein und der Gnadenhof existieren seit 2007 in Münchehof. „Wir versorgen und finanzieren derzeit rund 30 Tiere, überwiegend sind es Hunde und Katzen“, berichtet die 1. Vorsitzende. Silvia Quittkat erhielt schon öfter einen Anruf mitten in der Nacht. Dann schildert derjenige beispielsweise, dass er nicht weiß, was er mit den kleinen Kätzchen machen soll die Mutter wurde überfahren. Sie fährt dann raus und hilft. Nimmt die herrenlosen Tiere mit. Die letzte große Rettungsaktion reicht in den Herbst 2020 zurück.

Bei dieser Fangaktion an der Braunschweiger Straße in Seesen wurde Silvia Quittkat über Nacht zur 19-fachen Katzenmutter der verwilderten Katzen. Es waren drei Muttertiere mit mehreren Würfen und eine davon zusätzlich noch trächtig, sodass es am Ende 21 Katzenbabys waren. In ihrer Not hat die Münchehöferin sogar ihre Ferienwohnung zur Verfügung gestellt, um der Rasselbande eine Herberge zu bieten. Die Sorgen wurden über die Monate nicht weniger. „Die scheuen Tiere haben eine schlechte Vermittlungschancen, zudem konnten wir bis heute nur einem Teil kastrieren lassen“, beschreibt Silvia Quittkat im Gespräch. Konkret lassen es die Finanzen des Vereins aktuell nicht zu, die zwölf Katzen zu kastrieren und zu chippen. Darüber hinaus herrscht besonderer Mangel an Katzenstreu. Zur Einordnung: Für die Kastration benötigen sie pro Tier im Durchschnitt 80 Euro, fürs Chippen noch einmal für jedes 30 Euro.

Unterm Strich fehlen für die zwölf Katzen dem ehrenamtlichen Tierschutzverein 1.320 Euro, allein für diese notwendige Aktion. Klar dürfte jedem sein, dass der Verein monatliche Fixkosten zu stemmen hat. Pro Katze sind das gut 80 Euro und pro Hund 150 Euro. Hinzu kommen weitere Kosten wie beispielsweise für Strom, Versicherung und für die Müllentsorgung. „Aktuell müssen wir sogar unsere Rücklagen antasten, die eigentlich dafür gedacht sind, um Operationen zu bezahlen“, beschreibt die 1. Vorsitzende. Diese werden benötigt, denn viele alte Tiere leben auf dem Gnadenhof, unverhofft kann etwas passieren, sodass sie plötzlich 2.000 Euro für die Operation aufbringen müssen. Die Tierhilfe ist deshalb auf Spenden angewiesen, aber auch Tierpatenschaften sind möglich.

Ein warmer Geldsegen für den Verein war im Dezember 2020 die Spende vom Seesener Trivium-Werk. Mit ihrer Schlüsselanhängeraktion für die Asklepios-Beschäftigten erhielt das Seesener als eines von fünf Werken weltweit eine Anerkennung vom US-Konzernchef in Höhe von 500 Euro, davon gingen 250 Euro an die Tierhilfe. „Das Geld haben wir für die Katzen ausgegeben“, berichtet Quittkat.

Mit Wohlwollen hat der Verein am 1. Januar 2020 die Einführung der Katzenkastrationspflicht in der Stadt Seesen aufgenommen. „Wir dachten, dass sich die Lage entspannt, aber viele wissen offenbar nicht, dass diese gibt“, beschreibt die 1. Vorsitzende im Gespräch ihre Erfahrung. Es wird weiterhin seitens der Stadtverwaltung an die Katzenhalter appelliert, ihrer Pflicht nachzukommen. „In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass alle Halter einer Freigängerkatze gemäß der städtischen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Seesen vom 19. Januar 2005 seit der Änderung zum 1. Januar 2020 verpflichtet sind, diese von einem Tierarzt kastrieren, mittels Mikrochip kennzeichnen und registrieren (bei Tasso oder FindeFix) zu lassen“, betont Stadtsprecherin Beatrice-Arianne Dziuba auf Anfrage. Wichtig ist obendrein zu wissen, dass Katzenhalter im Sinne der Verordnung auch jeder ist, der freilaufenden Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt.

„Verstöße können ordnungsrechtlich verfolgt und mit einem Bußgeld bis 5.000 Euro geahndet werden“, darauf weist die Stadtsprecherin noch einmal explizit hin. Und Silvia Quittkat erinnert in diesem Zusammenhang auch an die weiteren Folgen. Wer durch die Fütterung zum neuen Katzenbesitzer wird, ist im Zuge dessen dann auch Besitzer der Katzenbabys, falls die neue, tierische Mitbewohnerin trächtig war. Werden beispielsweise sechs Junge geboren, kommen schnell 480 Euro für die Kastration zusammen. „Viele können sich das finanziell nicht leisten, sie setzen dann die Tiere aus, diese sind somit herrenlos und landen letztendlich bei uns“, beschreibt die 1. Vorsitzende den Kreislauf.

Übrigens wird zwischen herrenlosem Tier und einem Fundtier unterschieden. Letztere liegen in der Verantwortung der Stadt Seesen. Für die Unterbringung hat die Kommune eine Fundtiervertrag mit dem Tierheim Goslar geschlossen. Die Kosten werden pauschal gezahlt und betragen laut Seesens Stadtsprecherin zurzeit 11.000 Euro pro Jahr. „Im vergangenen Jahr haben wir 57 Katzen, ein Kanarienvogel und eine Wasserschildkröte im Goslarer Tierheim abgegeben“, teilt Dziuba auf Anfrage mit.

Bei herrenlosen Tieren sind Silvia Quittkat und ihre Helfer gefordert. Die nächste Rettungsaktion im Stadtgebiet bahnt sich bereits an. Jetzt braucht aber auch der Verein Hilfe. Spenden für die Tierhilfe Seesen und Umgebung e. V. sind an das Konto der Braunschweigische Landessparkasse unter IBAN: DE 26 25 05 00 00 01 99 93 73 84 möglich.syg