Turbulente Szenen, Verwechslungen und Entscheidungen im Salon Pab(p)st

Das Bilderhäuser Dorftheater begeisterte mit seinem jüngsten Stück / Einige Zuschauer fanden auch Parallelen zum eigenen Leben

Italienischlektion fürs Papstdouble. Christina Sue (2. von links) feierte ihre Premiere als Schauspielerin.

Machtshausen. Die Pfarrscheune wird für wenige Tage im Jahr zur Bühne – und zugleich auch Teil einer grandiosen Vorstellung. Verantwortlich dafür sind die Schauspieler des Bilderhäuser Dorftheaters. Mit ihrem jüngsten Stück „Salon Pab(p)st“ haben sie einmal mehr voll ins Schwarze getroffen. Turbulente Szene, Verwechslungen und Entscheidungen spielten sich auf wenigen Quadratmetern ab. Zugleich ein tolles Training für die Lachmuskeln.

Sogar zwei Premieren gab es – zum einen wurde ein Stück präsentiert, das Hildegard Reinecke eigens für die Laienspielgruppe geschrieben hatte. Zum anderen feierte Christina Sue ihr Debüt als Schauspielerin. Und das sogar in einer Doppelrolle – einmal als Carmen Mählich, die Sekretärin von Fraukes Mann, und dann noch als Beate Schnoor, Bürgermeistergattin und zugleich Mitglied in der evangelischen Frauenhilfe. „Es macht unheimlich Spaß, vor allem, wenn das Publikum so mitgeht“, sagte sie nach der Vorstellung im Gespräch mit dem „Beobachter“.

Viel spielt sich beim Friseur ab. In der Ankündigung zum Stück war zu lesen: Es werden die neuesten Informationen ausgetauscht, auffallende Frisuren gezaubert, gebrochene Herzen verarztet und Zärtlichkeiten ausgetauscht. So kam es auch. Zwei zentrale Handlungstränge gibt es, die am Ende zusammenlaufen.

Im Mittelpunkt steht Geschäftsinhaberin Isolde Pabst (Judith Heise), sie plagen Existenzängste, denn der Hausbesitzer will die Miete drastisch erhöhen, was sie sich nicht leisten kann. Zudem ist ein neues, bezahlbares Objekt für ihren bei den Bewohnern von Bilderhausen beliebten Salon nicht in Sicht. Dabei kommen sie alle gern hierher. So zum Beispiel Isoldes Freundin Frauke. Sie will eine neue Frisur, eine Veränderung, denn ihr Mann betrügt sie mit seiner Sekretärin. Zudem steht sie ihrer Freundin bei, als der Immobilienspekulant auftaucht. Der durchlebt im Laufe des Stücks eine wahre Verwandlung – Thomas Struck (gespielt von Peter Horn) wird geläutert und vom skrupellosen Immobilienhai zum Familienmensch. Letzteres durch das Zusammentreffen mit dem Papst. Das ist die zweite Zentrale Handlung.

Denn Papst Franziskus hat sich extra aus Rom angekündigt. Er will nach Bilderhausen kommen, um das überkonfessionelle Mehrgenerationenhaus einzuweihen. Blöd nur, dass er auf der A 7 im Stau steckt. So wird im Friseursalon, als sich die Bürgermeistergattin und Frau Pfuhl (gespielt von Konny Geide), die Vorsitzende der katholischen Frauengruppe, stylen lassen wollen, ein Plan geschmiedet. Hier kommt Stammkunde  Günter Lehmköster (Harald Brandt) in Spiel. Er schaut täglich im Salon vorbei, liest seine Zeitung und trinkt eine Tasse Kaffee. Zudem trat er vor eine Weile als Papstdouble mit dem Chor auf, was sich noch als wahrer Glücksfall erweisen wird. Günters große Stunde schlägt nun, dabei sollte er nicht singen. Damit es klappt, bereitet ihn Bürgermeister Schnoor (Rainer Racek), der wittert eine große Chance für sein Bilderhausen bekannt zu werden, mit vor. Er sucht seine Frau und kommt in den Salon.  Der Verwaltungschef versucht  dem Double ein paar Worte italienisch beizubringen. Obwohl die Frage: Wo ist die Toilette, ja nicht sonderlich weiterhilft, aber versteht ja quasi eh kaum einer, aber klingt so ein klein wenig nach italienischem Papst. Letzterer hat es am Ende dann doch noch in den Ort geschafft und betritt den Salon, in die Rolle schlüpfte Charles Reinecke.

Aber auch im Salon ist Trubel. Denn der Angestellten Lena (Mandy Bartels) ist neuerdings immer übel, seit Kurzem ist sie mit Sören Struck (Robert Kulessa) zusammen, zugleich auch Sohn des Hausbesitzers. Er will den beiden Frauen helfen und beweisen, dass ihm das Haus gehört und somit der Hausverkauf abgeblasen wird. Zu seinem Vater hat er keinen guten Kontakt.

Aber es wird auch frisiert, was das Zeug hält. Lockenwickler gedreht, so unter anderem bei Frau Kawottke (Konny Geide), eine Kundin mit viel Redebedarf. Und es wird Neues gewagt bei einer Kundin (Ulla Müller). Mit klaren Vorstellungen kommt sie in den Salon. Leuchtende Spitzen, eine tolle Frisur. Blöd nur, dass Angestellte Lena mal wieder übel ist und sie zu Stammkunde Günter sagte: „Fang schon mal an, wenn jemand kommt.“ So holt er den Farbkasten raus, am Ende ist die Kundin bunt wie ein Papagei. Großes Gelächter im Publikum. Vor allem nach dem Blick von Ulla Müller.

Alle Darsteller agieren mit einer tollen Spielfreude, mit Mimik und Gestik. Eine wunderbare Leistung, die Rollen hat Hildegard Reinecke allen förmlich auf den Leib geschrieben. Zudem ein Friseursalon liebevoll kreiert. Und einige Episoden zeigen, dass sich die Autorin vom wahren Leben hat inspiriert lassen. So erzählt Frauke, dass sie den  Immobilienhai auf dem Friedhof getroffen hat. Sie kommt mit ihm ins Gespräch und findet ihn gar nicht mehr so unsympathisch. Zwei Frauen mussten im Publikum lachen, denn eine von ihnen hat ihren späteren Mann auch auf dem Friedhof getroffen. Geschichten, die das Leben schreiben, genau dafür wird das Bilderhäuser Dorftheater geschätzt. Zahlreiche Fans gibt es, erneut waren alle Vorstellungen ausverkauft. Zu Recht, denn auch der familiäre Charme der Pfarrscheune trägt dazu bei.

Übrigens Geschichte aus dem Friseursalon könnten sie alle noch ausreichend erzählen. Zumal eine Friseurin in Seesen zu Hildegard Reinecke meinte, sie hätte doch vorher einmal vorbei kommen können, sie könnte da Storys berichten. Ein Papstbesuch war bestimmt noch nicht dabei. Aber im Salon Pabst schon.syg