Von Tanja Wöhle

Vergesst Winnetou!

Ilja Richter präsentierte beim Kulturforum Seesen das schräge Leben von Karl May

Mit dem Programm „Vergesst Winnetou“ widmet sich Ilja Richter dem besonderen Leben des Winnetou-Erschaffers Karl May.

Seesen. An dem geschenkten Tag des Jahres, 29. Februar 2020 ist Ilja Richter, vielen bekannt als der „DISCO“-Moderator des ZDF, Schauspieler, Autor und Kabarettist im Kulturforum Seesen. Mit dem Programm „Vergesst Winnetou“ widmet sich der Künstler dem besonderen Leben des Winnetou „Erschaffers“ Karl May.  Diese besondere Hommage an den Autor Winnetous, übrigens der meistgelesene deutsche Autor (die weltweite Auflage wird auf 200 Millionen geschätzt!), wird als Revue im wörtlichen Sinn gesungen, getanzt und gespielt.

Karl Mays Biografie beginnt nicht allzu vielversprechend, er schlägt sich bereits in jungen Jahren als Kleinganove, Schwindler und Hochstapler durch, um dann im Gefängnis durchs Schreiben Läuterung zu erfahren und zum Bestsellerautor zu avancieren. Die Geschichte eines Lebens, das etwas anders verlief, wird dem Publikum von Richter süffisant präsentiert. Es gibt noch Einiges zu erfahren.

Der Abend ist nicht nur durch die unglaubliche Biografie Karl Mays beeindruckend, sondern auch durch die verschiedenen Formen der Darbietung. Ilja Richters Faszination an der Person Karl Mays ist augenscheinlich in der Auswahl der Texte. Neben Original-May-Text wählt Richter Textpassagen und Zitate etwa von Bertha von Suttner, Carl Zuckmeier, Ernst Bloch bis hin zu Erich Loest.

Dies gibt nicht nur einen kleinen Einblick in das Leben und Nachleben Karl Mays, sondern erzählt dem Zuschauer auch Einiges über den Erzähler des Abends. Ilja Richter ist nicht nur ein souveräner Schauspieler, immerhin stand er bereits mit neun Jahren auf der Bühne, talentierter Sänger, Synchronsprecher und Autor, sondern vielbelesen und interessiert.  Am Abend gibt es Erinnerungen an Richters Auftritt als Little Jake bei „Annie Get Your Gun“ 1963. Hier darf das Publikum bei dem Lied „Colonel Buffalo Bill“ „mitsingen“. Um den Bezug dann wieder zu verdeutlichen, Karl May ließ sich gern als Buffalo Bill fotografieren.

Lange versucht Karl May seine Gaunereien und Schwindeleien zu verbergen und leugnet seine abgesessenen Taten. Einiges lässt sich schwer rekonstruieren, so behauptet er vehement bis zu seinem Tod, er sei blind geboren. Diese ungewöhnliche und unbelegte Aussage wird von Literaturkritiker Thomas Kramer gedeutet, „vielleicht wollte das Kind nicht sehen, was es sah“.

Es wird gesungen und gespielt und manchmal wird einfach nur Musik gehört. Bei Martin Böttchers Filmmelodie zu „Winnetou“ startet das Kopfkino und so ist es gedacht. Der Abend begeistert Ilja-Richter-Fans, die allerdings ein gewisses Alter haben müssen, um sich an dieser Art der Revuedarbietung erfreuen zu können.red