Vier Seesener retten Leben

Vorfall passierte am 18. September 2017 am Schlossteich / Jetzt standen die Lebensretter im Mittelpunkt

Seesens Bürgermeister Erik Homann und die Heimleiterin des St. Vitus, Susanne Kleine (beide hintere Reihe), sind mächtig stolz auf die vier Alltagshelden (von links) Meike Tauchert, Verena Grochowski, Christian Probst und Pia Mehle.

Seesen/Goslar. Diesen Tag werden die vier Seesener so schnell nicht vergessen. Nämlich an jenen 18. September des vergangenen Jahres wurden sie zu Lebensrettern. Verena Grochowski, Pia Mehle, Christian Probst und Meike Tauchert sind Helden des Alltags, Leuchttürme der Zivilcourage.

Für diesen unermüdlichen und selbstlosen Einsatz erhielten sie am Donnerstag den Preis der Goslarer Zivilcourage-Kampagne (GZK).

Laudator war Seesens Bürgermeister Erik Homann. Er einnerte an jenen schicksalhaften Tag. Eigentlich begann der 18. September 2017 für Verena Grochowski, Christian Probst, Meike Tauchert und Pia Mehle wie jeder Arbeitstag auch. Sie starteten ihren Dienst im Alten- und Pflegezentrum St.Vitus.

Gegen 7.30 Uhr war Verena Grochowski im Zimmer einer Bewohnerin. Sie wollte gerade die Gardine zurückziehen, als sie aus dem Fenster schaute und eine Person bemerkte. Mit dem Gesicht nach unten lag eine ältere Frau im Seesener Schlossteich, der an die Anlage grenzt. Nur der Haarschopf schaute heraus.

Sofort rannte Verena Grochowski los, sie holte ihre drei Kollegen dazu. Auf dem Weg nach draußen verständigten sie den Notarzt. Kalt war es an jenem Herbsttag. Draußen und im Wasser gleichermaßen. Christian Probst sprang ins Wasser, Vera Grochowski ging auch mit hinein und hatte ihn gehalten. Pia Mehle und Meike Tauchert packten mit an. „Nur mit vereinten Kräften haben wir es überhaupt geschafft, sie aus dem Wasser zu bekommen, weniger hätten wir nicht sein dürfen”, berichtete Pia Mehle. Denn die Kleidung der Seniorin hatte sich voll Wasser gesogen, der Rand des Teiches war glitschig.

Blau war die Dame bereits angelaufen. Wie lange sie schon im Wasser gelegen hatte, wusste niemand. Kein Puls, keine Atmung, zudem hatte sie erheblich Wasser geschluckt. Die Körpertemperatur lag laut dem Notarzt nur noch bei 30 Grad Celsius, berichten die vier Seesener. Hand in Hand arbeiteten sie. Geholfen hatte es, dass es alles ausgebildete Altenpfleger sind. Regelmäßig frischen sie ihr Erste-Hilfe-Wissen auf, und das brachten sie zur Anwendung.

Nach gut 16 Herzstößen atmete die Frau wieder. In Seitenlage mussten die Lebensretter sie bringen, denn sie hatte Wasser geschluckt. Den Rest übernahm der Rettungsdienst.

Dank richten die Geehrten auch an ihre Kollegen, die sich während der Aktion am Teich auf den Stationen um alles gekümmert hatten. „Das hätte jeder andere von ihnen genauso getan”, betont Christian Probst. Er wird das Ereignis auch insofern nicht vergessen, denn seine hochschwangere Frau besorgte ihm Wechselkleidung. Am nächsten Tag wurde er Vater.

Mittlerweile geht es der alten Dame wieder gut. „Sie wird bald zu uns zurückkehren”, berichtet Susanne Kleine, Heimleiterin des Alten- und Pflegezentrums St.Vitus. Froh sind alle, dass sie wieder vollkommen genesen ist. Wie sie in den Teich gelangt ist, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Eines ist Fakt, ohne die Vier hätte die alte Frau das nicht überlebt. „Dann wären wieder ganz andere Schlagzeilen über Seesen erschienen, diese hier sind doch überaus erfreulich. Meinen Respekt für ihre Zivilcourage”, sagte Bürgermeister Erik Homann in seiner Laudatio.

Seit 2010 zeichnet die GZK Alltagshelden aus. Im September werden alle Amtsgerichte angeschrieben, ob sie Kandidaten haben. Auch im „Beobachter” wurde ein Aufruf veröffentlicht. Im November saß die fünfköpfige Jury zusammen. 2017 ging der Preis schon einmal nach Seesen. Damals wurde der 13-jährige Schüler Laurids Simonson geehrt. Mit seinen beiden Geschwistern hatte er im Jahr 2016 eine fahrlässige schwere Brandstiftung bemerkt und durch rasches Handeln Schlimmeres verhindert.red