Von der Affäre zum Skandal! Auch die Ehefrau des Propstes drängelte sich vor

Weitere Details aus der St.-Vitus-Impfung sind ans Tageslicht gekommen: Ehemann der Geschäftsführerin soll ebenfalls eine Corona-Impfung erhalten haben / Landrat Brych ist fassungslos: „Egoistisch und unreflektiert!“

Ein handfester Skandal ist aus der Impfaktion im Seniorenzentrum St. Vitus geworden. Neben Bewohnern und Pflegepersonal wurde auch der Aufsichtsrat geimpt. Nunmehr steht fest. Sogar die Ehepartner des Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Gleicher und der Ehemann von Heimleiterin Susanne Kleine kamen vorzeitig in den Genuss einer Impfung. Wie ist das zu begründen?

Seesen. Die Gerüchte gab es schon seit einigen Tagen, und sie hielten sich hartnäckig. Der „Beobachter“ hat nunmehr die Bestätigung erhalten: Bei der umstrittenen Corona-Impfung im Alten- und Pflegezentrum St. Vitus wurde nach den vorliegenden Informationen auch die Ehefrau von Propst Thomas Gleicher geimpft. Ob sie in irgendeiner Form im Heim tätig ist, ist nicht bekannt. Sie betreibt eine Physiotherapiepraxis. Ihr Arbeitsort ist in Peine.

Warum sie dennoch auf der Impfliste gestanden hat und sich das Vakzin hat spritzen lassen? Dazu gibt es bislang keinerlei Erklärung. Ebenfalls geimpft worden sein soll, während der Corona-Schutzimpfung, die einzig den Bewohnern des St. Vitus und den Pflegekräften galt, auch der Ehemann der Geschäftsführerin Susanne Kleine. Dieser ist nach „Beobachter“-Informationen beruflich bei VW tätig. Von einer Tätigkeit im St. Vitus ist nichts bekannt. Der „Beobachter” hat am Montag nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe versucht, das Gespräch sowohl mit Thomas Gleicher als auch Susanne Kleine zu suchen. Leider ergebnislos, denn keiner ging mehr ans Telefon.

Schönzureden und zu beschwichtigen gibt es nun wohl nichts mehr

Sowohl der Propst als auch Susanne Kleine waren bereits am Freitag von all ihren Ämtern zurückgetreten. Zu diesem Zeitpunkt war über die zusätzlichen Impfungen der Ehepartner noch gar nichts bekannt. Die neuen Informationen werfen ein komplett neues Licht auf die ohnehin schon bizarren Impf-Vorgänge im St. Vitus, wo es schon zuvor zu etlichen Ungereimtheiten bei den Corona-Impfungen im Januar gekommen sein soll.

Auch alle Aufsichtsratsmitglieder waren geimpft worden, wobei schwer fiel, den Sinn dieser Impfung nachzuvollziehen, da einige der sieben Mitglieder des Aufsichtsrates entgegen ihren Behauptungen wohl nur sehr selten im Heim anzutreffen waren. Sie hatten bis zuletzt die Richtigkeit ihrer Impfung erklärt. Das löste fast überall ungläubiges Staunen hervor.

Selbst am Sonntag betonte ein AR-Mitglied auf Nachfrage unserer Zeitung, dass er sich nichts vorzuwerfen habe. Ansonsten blieb er viele Antworten schuldig. Man wolle doch bitte die internen Untersuchungen abwarten.

Ansehen der Kirche ist durch dieses Verhalten in Misskredit geraten

Noch in der vergangenen Woche hatte Gleicher betont: „Unser Impfgeschehen Anfang Januar hatte nur ein Ziel, nämlich unsere Bewohner vor dem Virus zu schützen“. Diese Aussage muss nun wohl erneut auf den Prüfstand. Wie will der Kirchenmann diese Behauptung aufrecht erhalten, wenn gleichzeitig auch Eheleute ins St. Vitus kommen, um sich eine Spritze abzuholen? Andere Menschen müssen weiterhin warten!
Goslars Landrat Thomas Brych erklärte bereits am Montag mit Blick auf die neuen Entwicklungen: „Es macht mich fassungslos und betroffen wie egoistisch und im Nachhinein auch unreflektiert hier gehandelt wurde“.

Aus der Impf-Affäre ist nunmehr offenbar ein echter Skandal geworden. Schönzureden und zu beschwichtigen gibt es nun wohl nichts mehr. Zu groß sind die Verfehlungen, die Empörung hervorrufen.

In einem hat der Propst recht: Die Kirche ist durch dieses Verhalten gehörig in Misskredit geraten. Der Unmut und die Verständnislosigkeit sind nämlich weiterhin groß. Thomas Gleicher bleibt nach seinem Rückzug als Propst übrigens Pfarrer der Landeskirche und hat daher Anspruch auf seine dienstliche Versorgung. Das hatte die Landeskirche gestern auf Anfrage unserer Zeitung erklärt.uk