Wenn der Traum vom Eigenheim zum Albtraum wird

Der Scheunen-Unterstand von Irmgard Rolfs in Bilderlahe ging in Flammen auf / Seitdem ist nichts wie vorher

Die Bilderläherin Irmgard Rolfs, die seit 2008 im Alten Forsthaus an der Kreisstraße 58 wohnt, hat das Unglück derzeit irgendwie gepachtet. Erst das Feuer im Dezember 2017. Am vergangenen Donnerstag wütete Orkan „Friederike” auf dem Grundstück. Zehn Meter hohe Fichten fielen um. Ein Baum hat das Straßenschild, auf dem „Altes Forsthaus” steht, sichtbar demoliert.

Bilderlahe. Idyllisch ist es hier am Alten Forsthaus in Bilderlahe, an der Kreisstraße 58 vor der Autobahnbrücke gelegen. Meterhohe Bäume rahmen das Grundstück ein. Die zwei Pferde haben genügend Auslauf, und im hinteren Teilgibt es einen Unterstand. Links das Haupthaus. Bis zu jenem für Irmgard Rolfs schicksalhaften Tag am 21. Dezember 2017 befand sich auf dem Grundstück, wo jetzt der freie Platz ist, noch ein Scheunen-Umstand, doch der ging drei Tage vor Weihnachten komplett in Flammen auf. Zehn Minuten später und die Bilderläherin wäre nicht mehr aus dem Haupthaus gekommen. Die Kripo ermittelt derzeit wegen Brandstiftung. Für die Bewohnerin ist seitdem nichts mehr wie vorher.

Ihren persönlichen Wohntraum hat sie sich gemeinsam mit ihrem heute getrennt lebenden Mann im Sommer 2010 in Bilderlahe erfüllt. Irmgard Rolfs liebt die Abgeschiedenheit. Seit jener Nacht plagen sie Albträume. „In diesen stehe ich inmitten der Flammen, versuche mich und meine Tiere in Sicherheit zu bringen. So sind meine Nächte”, beschreibt sie sichtbar bewegt. Tagsüber ist es oft nicht anders, plötzlich hat sie einen Rauchgeschmack im Mund. Unverhofft. Ans Arbeiten ist derzeit überhaupt nicht zu denken. In der Seniorenwohnanlage am Schildberg übernimmt sie die Nachtwache, eine Woche Arbeit, dann eine Woche frei. Rund 70 Bewohner befinden sich in ihrer Obhut. Seit dem Brand hat sie es eine Nacht versucht. Erfolglos.

Kein Wunder, waren die Ereignisse so dramatisch. Ihr Schlafzimmer liegt im Obergeschoss mit Blick zur Straße. Mit Joggingsachen hatte sie sich hingelegt.

An diesem Tag im Dezember hatte sie eine Infusion bekommen, gegen ihre chronische Erkrankung. Ihre Hündin „Wusel” hat sie so trainiert, dass sie nicht bellt, Frauchen nicht stört, wenn sie geschafft von dem Termin nach Hause kommt. Ein Retter hupte ununterbrochen. Er hatte den Brand des Scheunen-Unterstandes bemerkt. Für Irmgard Rolfs die Rettung. Sie rannte hinunter. „Als ich raus ging, um nachzuschauen, kamen mir die Flammen von der kleinen Scheune schon entgegen, die Fassade vom Wohnhaus fing an zu kokeln”, schildert die 57-Jährige. Sie spritzte sich komplett mit dem Gartenschlauch ab. Erst Stunden später bemerkte sie, dass sie vollkommen durchnässt war. Im Dezember – eine Mandelentzündung war die Folge.

Doch ihre beiden Perserkatzen und ihre Hündin rettete sie aus dem Haus, sie sind ihr wichtiger als alles andere. Die Drei haben sich seit dem Ereignis verändert, sind schreckhaft, die beiden Katzen halten sich nur im Erdgeschoss auf.

Zurück blieben die Überreste des Unterstandes. In dem gut 32 Quadratmeter großen Objekt lagerte Irmgard Rolfs 120 kleine Strohballen, dazu Werkzeuge, Geräte – darunter Kappsäge, Häcksler und ein fast neues Baugerüst. Alles für immer verloren. Zurück bleibt ein immenser Schaden – auch ihr Auto war betroffen – der nach jetzigem Stand auf 30.000 Euro geschätzt wird. Die Versicherung kommt ihr sehr entgegen, betont die Bilderläherin immer wieder. „Ich möchte nur einmal wissen, was dir durch den Kopf geht, wenn du anderen Menschen sowas antust”, richtet sie die Frage an den Brandstifter. Laut der Bilderläherin hat die Kripo eine Selbstentzündung ausgeschlossen, denn Strom lag nicht in dem Unterstand. Das wollte sie bald einmal in Angriff nehmen.

Fatal ist das Feuer auf dem Forsthausareal auch insofern, als es nicht der erste Brand war. Am 14. August 2008 fing Heu, das lose unter einem Carport unweit des Hauses gelagert war, kurz vor 1 Uhr Feuer. 79 Brandschützer kämpften damals gegen die Flammen. Ein Feuerteufel wurde später ermittelt.
Psychisch hat die 57-Jährige das Ganze noch nicht verkraftet. „Vor allem, wie es in mir aussieht, das kann nur jemand nachempfinden, dem so etwas selbst passiert ist”, sagt die Bilderläherin. Hoffnung schöpfte sie vergangenen Donnerstagmorgen. Die letzten Reste ihres Scheunen-Unterstandes wurden abgeholt. Ein Lichtblick, sie fühlte sich befreit. Dann kam Orkan „Friederike” und auch vor ihrem Grundstück machte der Sturm nicht halt. Zehn Meter hohe Fichten fielen wie Streichhölzer um. Auch darum muss sich die Bilderläherin jetzt noch kümmern. „Ich habe zur Zeit irgendwie das Unglück gepachtet”, sagt sie.

Die Hoffnung will sie nicht aufgeben. Ihr Traum vom Eigenheim in Abgeschiedenheit ist zum Albtraum geworden. Wie heißt es doch so schön, Zeit heilt alle Wunden. Es wird dauern. Erst einmal müssen die sichtbaren Anzeichen des Brandes verschwinden. Die hölzerne Hausfassade ist rabenschwarz, ein Teil der Doppelglasfenster ist durch die enorme Hitze gesprungen.

Irmgard Rolfs wünscht sich ein Stück weit Normalität. Helfen würde es, wenn jemand zum Kaffee trinken oder quatschen vorbeikommt. In ihr idyllisches Kleinod. Irgendwie ist es das noch immer.syg