Wie alles begann...

Seesen und Carpentras: Historische Einführung in die Stadt und der Berührungspunkte

Blick auf Markt St. Siffrein im französischen Carpentras und auf das Stadttor Porte Orange.

Seesen. Carpentras und Seesen, so verschieden sie auch sind, haben die beiden Partnerstädte doch einiges gemeinsam. Friedrich Orend, Vorsitzender des Club Carprentras, ist ein ausgesprochener Kenner der französischen Kleinstadt. Er hat einige Texte zu Carpentras verfasst. Den Anfang macht eine historische Einführung in die Stadt und unsere Berührpunkte.

Mit der Einverleibung eines provenzalischen Handelsplatzes am Flüsschen Auzon im Jahr 46 v. Chr. in das römische Reich, wurde aus Carpentoracte das römische Forum Neronis.

Die Römer hinterließen in Carpentras einen Triumphbogen aus der Zeit des Kaisers Augustus, der auf seiner Schauseite zwei Männergestalten in Ketten zeigt. Einer, glatt rasiert und in Kleidern aus gewebten Stoffen gekleidet; der Andere vollbärtig und in in Felle gehüllt. Sie werden als besiegte Gallier beziehungsweise Germanen gedeutet und verweisen auf die Unterwerfung der Alpenvölker durch die Römer.

Der Raum rund um Seesen tritt etwa 200 Jahre später mit der Schlacht am Harzhorn ins Licht der geschriebenen Geschichte. Weitere 600 Jahre später gehören beide Siedlungen zum Fränkischen Reich „Karls des Großen“. Dieses Reich ist dem Gebiet der heutigen „EU“ verblüffend ähnlich. „Karl der Große“, oder „Charlemagne“ wie er in Frankreich heißt, gilt vielen als Vater Europas. Mit seinem Tod zerfällt sein Reich in drei Teile: „Westfrankien“, das spätere Frankreich, „Ostfrankien“, aus dem sich Deutschland entwickelt und dem Mittelreich „Lotharingen“, das jahrhundertelang zum Zankapfel zwischen den beiden Anderen werden sollte.

Deutsch-Französische Geschichte ist ein ständiges Miteinander/Gegeneinander. Das durch den Liudolfinger „Otto den Großen“ begründete „Heilige Römische Reich Deutscher Nationen“ wird durch die „Heilige Lanze“ symbolisiert. Der Legende nach ist in der Lanzenspitze einer der Nägel verarbeitet, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen war. Aus den beiden anderen Nägeln soll ein Zaumzeug gefertigt worden sein, das Kaiser Konstantin geschenkt wurde. Dieses „Heilige Zaumzeug“ befindet sich heute in Carpentras, das es auch in seinem Stadtwappen zeigt.

In der „Napoleonischen Zeit“, als die französischen Revolutionstruppen Europa überrannt hatten, gehörte Seesen zum „Departement Leine“ des „Königreiches Westfalen“. Trotz der kriegerischen Zeiten herrschte damals eine liberale gesellschaftliche Gesinnung, die der braunschweigische Bankier und Oberrabbiner Israel Jacobson nutzte, Seesen zu einem Zentrum des liberalen Judentums zu machen.

Deutsch-Französische Partnerschaften und ein Schüleraustausch zwischen den beiden Ländern gehören für das Seesener Jacobs-Gymnasium seit mehr als 100 Jahren zur Schulgeschichte. -Friedrich Orendred