Wie geht es mit dem Fußball in Seesen weiter?

Pläne für einen neuen reinen Fußball-Club in der Kernstadt werden geschmiedet und ein Sponsor möchte sogar einen Kunstrasenplatz finanzieren, doch noch sind ganz viele Fragen unbeantwortet...  

Seesen. „Einige Leute halten Fußball für einen Kampf um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist!” Mit diesem aus dem englischen übersetzten Zitat erlangte der ehemalige schottische Fußballtrainer Bill Shankly bis heute Popularität unter Fußballfans. Sein ganzes Leben drehte sich der Geschichtsschreibung nach einzig und allein um Fußball.

Auch in und rund um Seesen ist das Thema Fußball – wenige Wochen vor der in Russland beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft – mal wieder in aller Munde. Dabei geht es – wieder einmal – um die Frage, wie es mit dem Seesener Fußball weitergehen könnte. Die Zeiten, in denen der VfL Seesen die Zuschauer in Scharen an die Kurparkstraße lockte, gehören der Vergangenheit an.

Seit dem Niedergang des VfL hat es in der Kernstadt mehrere Versuche gegeben, den Fußball wieder salonfähig zu machen. Meist waren die Anstrengungen nicht von Erfolg gekrönt – oft jedenfalls hielt sich der sportliche Erfolg in Grenzen.

Aktuell kann, nach der Verschmelzung zwischen dem SV Union Seesen und dem MTV Seesen die Kinder nun unter der Ägide des MTV kicken – von den Minikickern bis zu den B-Junioren. Leider fristet die 1. Herren im Vergleich zu den Vereinen in den Stadtteilen doch eher ein Schattendasein, in der 2. Kreisklasse befinden sich die Kicker auf dem vorletztem Tabellenplatz – das wiederum auch nur als Spielgemeinschaft mit dem TSV Herrhausen. Kinder- und Jugendfußball wird aktuell in der Kernstadt als JSG Seesen angeboten.

Pascal Herrewyn möchte in eine Kunstrasenanlage investieren

Pläne das zu ändern, liegen in der Schublade eines Seeseners, der sich bisher eher auf anderen Feldern als im Fußball einen Namen gemacht hat. Die Rede ist von Pascal Herrewyn. Der 45-jährige Unternehmer (tätig war und ist er im Versandhandel unter anderem mit einem Karnevalsshop) hat seit geraumer Zeit sein Interesse für den Fußballsport entdeckt und möchte in Seesen eine neue Ära einläuten. Zumindest aber will er den Fußball wieder nach vorn bringen.

Bekannt ist, dass Herrewyn bereit ist, einen hohen finanziellen Beitrag für die Erstellung eines Kunstrasenplatzes auf dem Gelände der Schildausportanlage zur Verfügung zu stellen. Anfangs sollte das alles noch gemeinsam und im Schulterschluss mit dem MTV Seesen geschehen. Zunächst, und das bestätigte im Gespräch mit unserer Zeitung auch der Vorsitzende des MTV Seesen, Jürgen Alms, habe die Idee gestanden, gemeinsam einen Jugendfußballverein beziehungsweise eine gemeinsame Spielgemeinschaft aus der Taufe zu heben, deren Mannschaften den Kunstrasenplatz hätte nutzen können.

Diese Pläne liegen nun aber offenbar erst einmal auf Eis. Gespräche mit den Verantwortlichen der Stadtteilvereine hatten zu keiner Einigung führen können. Der TSV Münchehof hatte nach „Beobachter“-Informationen dem Ansinnen eine Absage erteilt, die SG Ildehausen-Kirchberg ebenso und der FC Rot-Weiß Rhüden im größten Stadtteil hat zwischenzeitlich ohnehin ein eigenes Konzept für die Zukunft des Jugendfußballs auf den Weg gebracht.

Pascal Herrewyn hat nun andere Wege eingeschlagen. Noch fungiert er im MTV Seesen als Abteilungsleiter, aber es scheint sich anzudeuten, dass die Abteilung Fußball aus dem MTV Seesen herausgelöst werden könnte, damit das Projekt überhaupt noch auf den Weg gebracht werden könnte.

Das wiederum bestätigte Herrewyn in einem Gespräch, dass der „Beobachter“ Anfang des Monats bereits geführt hatte. Die Idee, die nun im Raum steht, wäre gewissermaßen revolutionär: Die Fußballabteilung im MTV Seesen wird aufgelöst und ein neuer Verein, möglicherweise ein FC Seesen würde demnächst den Fußballern in Seesen eine neue Heimat bieten.

Gründung eines neuen Clubs oder weiter Fußball beim MTV?

Wer sich in der Seesener Fußballszene umhört, der merkt schnell, dass nicht allein die Idee, einen neuen Fußballverein zu gründen, für reichlich Zündstoff sorgt. Da gibt es die eine Seite, die Feuer und Flamme ist für einen solchen Schachzug, der den Fußballsport aus dem Schattendasein einer Abteilung eines Breitensportvereines herausholen vermag.

Da gibt es aber auch die anderen Seite, die nach der mit vielen Anstrengungen vollzogenen Fusion des MTV Seesen und des SV Union Seesen 03 alle Bemühungen nun als umsonst ansieht, schließlich war es das Ziel, in Seesen einen großen gemeinsamen Sportverein zu schaffen, um den Mitgliedern möglichst viele Sportarten unter einem Dach anzubieten.

Am meisten Gesprächsstoff indes bietet – wie sollte es anders sein – mal wieder die Frage nach der Finanzierung. Bekannt ist, und auch daraus macht Pascal Herrewyn keinen Hehl, dass er bereit ist, eine Summe in der Größenordnung von rund einer halben Million Euro für die Errichtung eines Kunstrasenplatzes in Seesen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig aber müsste auch das in die Jahre gekommene Vereinsheim an der Schildau renoviert werden, und das wiederum soll und müsste wohl aus öffentlich Mitteln geschehen. Die Fraktionen im Rat der Stadt Seesen haben sich bereits mit der Thematik beschäftigt, allerdings auch zu einem Zeitpunkt, der wohl noch teilweise andere Konstellationen vorsah als die jetzige Gründung eines neuen Seesener Fußballvereins.
Um all die Schwierigkeiten weiß auch Bürgermeister Erik Homann, mit dem der „Beobachter“ ebenfalls über das Thema gesprochen hat. Homann begrüßt grundsätzlich die Bereitschaft Pascal Herrewyns, einen Kunstrasenplatz in Seesen zu errichten. Kein Wunder, denn allein aus Mitteln der Kommune dürfte ein solch ehrgeiziges Projekt kaum oder gar nicht zu stemmen sein.

Gleichzeitig wissen Rat und Verwaltung aber auch, dass es schwierig sein wird, anderen Fußballvereinen im Stadtgebiet zu erklären, warum in Seesen zusätzlich investiert wird, auf den Dörfern indes nicht. Wie schwierig es ist, den Fußball im gesamten Stadtgebiet unter den einen berühmten Hut zu kriegen, hat sich in der Vergangenheit immer wieder aufs Neue gezeigt, allein schon bei der Frage nach einer Jugendspielgemeinschaft.
Dass es in Seesen gelingen könnte, einen starken Fußballverein mit einer höherklassig agierenden Mannschaft zu etablieren, glauben derzeit sicherlich nur die kühnsten Optimisten.

Jürgen Alms: „Es ist noch überhaupt nichts entschieden!”

Das Meiste ist ohnehin noch reine Zukunftsmusik, denn offiziell ist noch niemand an den Vorstand des MTV Seesen herangetreten. „Ich weiß zwar von den Planungen, aber an den Vereinsvorstand ist aus der Fußballabteilung des MTV noch niemand herangetreten“, berichtete Jürgen Alms dem „Beobachter“.
Er wiederum zeigte sich offen für weitere Gespräche, auch für eine mögliche Fortführung des Fußballs unter dem Dach des MTV Seesen. Aber auch einem neuen Fußballverein würde er keine Steine in den Weg leg wollen. „Das wäre sicherlich kontraproduktiv, aber es gibt in jedem Fall noch viele Dinge zu klären“. Beispielsweise die Frage nach dem Schildausportplatz-Gelände, welches der MTV Seesen gepachtet hat und in die Anlage auch bereits Gelder geflossen sind.

Aber eben auch die Frage, wie es gelänge, Kindern und Jugendlichen, die sowohl Fußball als auch beispielsweise Handball oder Tennis spielen, zwei Mitgliedschaften in zwei Vereinen zu ersparen. Diese und viele weitere Gespräche müssen und werden in den kommenden Wochen und Monaten zu klären sein. Heute Abend tagt erst einmal der Sportrat beim MTV Seesen. Dann wird auch das Thema „Fußball“ näher beleuchtet. Entweder vom Vorsitzenden direkt oder vom Abteilungsleiter Pascal Herrewyn, den Alms gebeten hat, an der Zusammenkunft teilzunehmen.

In der neuen Saison, so der aktuelle Stand, wird der MTV Seesen erst einmal weiterhin Fußball anbieten. Der neue Verein könnte wohl frühestens in der Spielzeit 2019/2020 an den Start gehen. Wenn die Pläne aufgehen. Veränderungen stehen also bevor, letztlich kann das alles auch zu einem guten Ende führen, aber noch gibt es viele Hindernisse zu umdribbeln.

Ob nach den einst glanzvollen Fußballzeiten in Seesen in den nächsten Jahren wieder eine erfolgreiche Zeit eingeläutet werden kann? Das ist die große Frage, die derzeit heiß diskutiert wird. Und um sie mit einem weiteren Spieler von der Insel, in diesem Fall, mit dem Exzentriker Paul Gascoigne aus England zu halten: „Ich mache nie Voraussagen und werde dies auch niemals tun.“uk