„Wir stehen weiter und uneingeschränkt zu unserem Versorgungsauftrag”

Asklepios-Regionalgeschäftsführerin Adelheid May im Gespräch über aktuelle Situation und Perspektiven

In den Seesener Kliniken sind mehr als 300 Vollkräfte in der Pflege beschäftigt. Für Adelheid May ist Seesen nach wie vor das Leuchtturmkrankenhaus, das weit über die Stadtgrenze hinweg einen sehr guten Ruf genießt.

Seesen/Goslar. Viel Wirbel um die Asklepios-Kliniken im Landkreis Goslar. Überarbeitete Pflegerkräfte, der Ruf der Häuser leidet, sogar der Vorwurf des Vertragsbruchs steht im Raum. Viele haben sogar Bedenken, dass es erste Anzeichen sind, die Krankenhäuser an einigen Standorten womöglich zu schließen. Der „Beobachter” hat Adelheid May, Regionalgeschäftsführerin und Geschäftsführerin der Asklepios Harzkliniken und der Asklepios Kliniken Schildautal, zu einem exklusiven Interview getroffen. Im Gespräch ging es unter anderem um Kontrollen, Perspektiven und die aktuelle Situation in den Asklepios-Krankenhäusern.

„Beobachter”: Frau May, die CDU-Kreistagsfraktion forderte in der jüngsten Sitzung, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) unangekündigte Kontrollen durchführen soll. Was halten Sie von solch einer Aussage?


Adelheid May: Das klingt zunächst für mich verwunderlich. Offenbar ist einigen Politikern nicht bekannt, dass wir ständigen Kontrollen verschiedener Institutionen unterworfen sind. Es finden seit Jahren regelmäßige Begehungen seitens des Gesundheitsamtes des Landkreises statt, wir unterziehen uns kontinuierlichen Zertifizierungen durch interne und externe Experten wie dem TÜV, und auch der MDK ist regelmäßig bei uns im Haus.

Allein im vergangenen Jahr gab es in den Harzkliniken 20 Besuche des MDK. Im Vergleich zu den Pflegeheimen werden die Krankenhäuser jedoch anders vom MDK geprüft. Wenn der MDK vor Ort ist, geht es um einzelne Fälle, nicht um das gesamte Krankenhaus.

„Beobachter”: Hin und wieder ist auch von Patienten zu hören, dass sie mit dem Aufenthalt im Krankenhaus nicht zufrieden waren. Wie gehen Sie mit Beschwerden um?

Adelheid May: Jede Beschwerde ist natürlich eine zu viel. Wir prüfen jede sehr genau, auch ich persönlich greife zum Telefon und rufe bisweilen Patienten an, um ihren Beschwerden nachzugehen. Für uns ist das wichtig, nur so erhalten wir Anregungen und Hinweise, wie wir unsere Qualität weiter verbessern können.

Das ist unser oberstes Ziel, andere Unternehmen verfahren in ihren Branchen ähnlich. Wir hatten im vergangenen Jahr bei rund 20.000 Patienten insgesamt 178 Beschwerden, unser Qualitäts- und Beschwerdemanagement analysiert jede sorgfältig. Bei den meisten ging es um einfache Missverständnisse in der Kommunikation, die schlussendlich zur Zufriedenheit der Patienten aufgeklärt werden konnten. Die meisten Patienten sind mit uns sehr zufrieden, das belegen externe Gutachten wie beispielsweise die des TÜV.

„Beobachter”: Haben Sie auf die Hinweise reagiert?

Adelheid May: Natürlich, eine wichtige Maßnahme etwa ist ein regelmäßiges Kommunikationstraining für unsere Mitarbeiter. Sie werden geschult, wie gerade im oft hektischen Alltag auf bestimmte Gesprächssituationen sensibler reagiert werden kann. Ein Beispiel: Nehmen wir an, ein 85-jähriger Patient, der nicht mehr alleine essen kann, bekommt sein Abendessen. Im Raum sitzt seine Tochter. Die Krankenschwester stellt ihm das Essen hin, ohne etwas dazu zu sagen.

Die Angehörige denkt nun vielleicht, ihr Vater werde nicht richtig versorgt. Dabei hätte die Krankenschwester nur sagen müssen, dass sie erst einmal das restliche Essen verteilt und dann zurückkommt, um zu helfen. Das zeigt: Solche Situationen und einfache Missverständnisse können durch bessere Kommunikation vermieden werden und dadurch dann auch entsprechende Beschwerden. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg.

„Beobachter”: Immer wieder ist vom Pflegepersonal zu hören, dass sie überlastet sind. Wie reagieren Sie auf solche Vorwürfe?

Adelheid May: In den Harzkliniken stellen wir insgesamt mehr Pflegekräfte ein als ausscheiden. Die Arbeitsbelastung im Krankenhauswesen ist unterdessen hoch, auch Asklepios kritisiert dies immer wieder. In Deutschland gibt es keinen Personalschlüssel, der gesetzlich bestimmt, wie viele Patienten eine Pflegekraft betreut.

Die Einstellung bzw. Besetzung von Pflegekräften richtet sich nach der Finanzierung durch die Fallerlöse. Für uns heißt das konkret: Nur, wenn wir höhere Fallzahlen vorweisen können, erhalten wir höhere Fallpauschalen von den Krankenkassen und können mehr Personal einstellen. Dieses Prinzip gilt für alle Krankenhäuser egal welcher Trägerschaft. Ebenso gilt für alle Häuser, dass sie wirtschaftlich arbeiten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nur so können Standorte in den Regionen langfristig gesichert werden und somit auch wertvolle Arbeitsplätze.

„Beobachter”: Personal ist das Stichwort. In den Seesener Kliniken musste zuletzt eine Station wegen Personalmangels geschlossen werden. Was waren die Gründe?

Adelheid May: Die Kliniken in Seesen haben drei verschiedene Leistungsbereiche: das Akut-Krankenhaus, die Reha-Einrichtung und das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ). Daher sind die Besetzungen auch unterschiedlich zu bewerten. Im Krankenhaus war aufgrund eines Rückganges der Fallzahlen und damit auch an Belegungstagen eine Anpassung der Stellen notwendig.

Gleichzeitig stieg die Fluktuation, so dass wir zeitweise mehr Mitarbeiter verloren haben, als wir nachbesetzen konnten. Als dann ein jahreszeitbedingt erhöhter Krankenstand bei Mitarbeitern hinzukam, mussten wir zweimal Stationen tatsächlich für einen Zeitraum von mehreren Tagen schließen. Zum Wohle der Patienten entscheiden wir uns in solchen Fällen dann lieber für diesen Schritt.

„Beobachter”: Es sind in Seesen also zuletzt mehr Pflegekräfte ausgeschieden, als nachkommen. Bei welchen Pflegestellen in den Seesener Kliniken sehen Sie akuten Handlungsbedarf?

Adelheid May: In den Seesener Kliniken sind mehr als 300 Vollkräfte in der Pflege beschäftigt. Wir haben bereits im zweiten Halbjahr neun Mitarbeiter eingestellt. Für mehrere Bereiche wie Pflege, Physiotherapie, OP, Ergotherapie, Anästhesie, Sozialdienst suchen wir auf unserer Homepage und mit Stellenanzeigen Mitarbeiter. Hier sind wir äußerst bemüht, Stellen zu besetzen. Doch der Fachkräftemangel wirkt sich auch in der Region aus.

„Beobachter”: Perspektivisch sieht es ja in den Asklepios Kliniken Schildautal so aus, dass Diplom-Psychiater Dr. Thomas Mehnen, der Facharzt für Neurologie, in Rente gehen wird. Haben Sie die Personalie bereits im Hinterkopf?

Adelheid May: Die Stelle von Dr. Mehnen haben wir bereits zweimal ausgeschrieben, bisher erfolglos. Wir versuchen alles, um die Stelle zu besetzen und ich bin zuversichtlich, dass uns das auch gelingen wird. Schließlich ist Seesen nach wie vor unser Leuchtturmkrankenhaus, das einen hervorragenden Ruf genießt. Wie alle anderen Klinikträger auch können wir uns bei der Suche der Realität des allgemeinen Pflegefachkräfte- und Ärztemangels in Deutschland nicht entziehen. Chefärzte sind heiß begehrt, bekommen bundesweit oft Anrufe von Headhuntern, die sie abwerben wollen, davon sind unsere Chefärzte ganz allgemein betrachtet auch nicht ausgenommen.

„Beobachter”: Wenn man die Diskussion in der jüngsten Kreistagssitzung verfolgt, scheint bei Ihnen das Krankenhaus in Clausthal-Zellerfeld offenbar kein hohes Ansehen zu genießen. Hier steht sogar der Vorwurf im Raum, sie hätten die geriatrische Abteilung in Goslar im vergangenen Jahr eröffnet, um den Clausthaler Standort zu schwächen. Rechtliche Schritte erwägt der Landkreis, sogar Vertragsbruch steht im Raum.

Adelheid May: Der Vorwurf, die Harzkliniken würden wissentlich und willentlich die Geriatrie am Standort Clausthal-Zellerfeld schwächen, oder den Standort runterwirtschaften, da man eine Geriatrie-Abteilung in der Harzklinik Goslar habe, ist unfair, durch nichts zu belegen und wird nicht selten wider besseren Wissens strapaziert. Etwaigen juristischen Auseinandersetzungen zu diesem Punkt sehe ich daher gelassen entgegen.

Entscheidend ist: Beide Geriatrieabteilungen in Goslar und Clausthal-Zellerfeld bilden eine Einheit. Denn nicht alle Patienten können aus medizinischen Gründen am Standort in Clausthal-Zellerfeld behandelt werden, etwa, weil weitere intensivmedizinische Versorgungen notwendig sind, dies fordern übrigens auch die Krankenkassen.

Auf deren Druck hin haben wir erst die geriatrische Abteilung in Goslar eröffnet. Um es noch einmal eindeutig zu sagen: Wir stehen uneingeschränkt zu unseren Verpflichtungen, die wir mit dem Kauf im Jahr 2003 übernommen haben. Davon sind wir nie abgerückt und werden es auch jetzt nicht tun. Wir versuchen, für die Klinik Clausthal-Zellerfeld eine nachhaltige Lösung.uk/syg