Äußerst komplexe Persönlichkeit

Hochkarätige Wissenschaftler und Forscher diskutieren in Seesen über Wirkung Israel Jacobsons

Die Teilnehmer der Abschlussdiskussion „Aufklärung, Bildung, Gleichberechtigung – Israel Jacobson und seine Wirkungen bis in die Gegenwart“ (von links): Moderator Prof. Cord-Friedrich Berghahn, Dr. Joachim Frassl, Dr. Jörg Munzel, Dr. Uta Lohmann und Dr. Ulrich Knufinke.

Seesen. In diesen Tagen jährt sich der Geburtstag des jüdischen Reformators Israel Jacobson zum 250. Mal. Jacobson, geboren am 17. Oktober 1768 in Halberstadt, wurde als Bankier und Rabbiner in Braunschweig zu einer der führenden Persönlichkeiten auf dem Weg zur Gleichberechtigung der Juden und zum Vorkämpfer der jüdischen Reformbewegung im Gefolge der jüdischen Aufklärung. Grund genug, anlässlich dieses runden Geburtstages zu einer Internationalen Konferenz unter dem Titel „Jews and Citizens – Juden und Bürger“ einzuladen. Hochkarätige Professoren, Wissenschaftler und Forscher selbst aus den USA und Israel nahmen daran teil.

Als Israel Jacobson im Jahr 1828 in Berlin starb, hatte in den Beziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden ein grundsätzlicher Wandel eingesetzt, dessen Wirkungen bis in die Gegenwart verfolgt werden können. Die Konferenz wollte das Wirken Israel Jacobsons aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, und das an drei Tagen und an drei Stationen – in Braunschweig, in Halberstadt und natürlich in Seesen, wo Jacobson eine jüdische Freischule gründete und seine Reform des jüdischen Gottesdienstes im Jacobstempel umsetzte.

Wer war Israel Jacobson? Bei dieser Frage gingen die Meinungen der Teilnehmer an der finalen Podiumsdiskussion am Donnerstag in Seesen doch deutlich auseinander. Ein vorangegangener Besuch im Städtischen Museum gab der etwa 30-köpfigen wissenschaftlichen Delegation zunächst einen erlebbaren Eindruck des Wirkens von Jacobson in Seesen. Wie wurde in seiner Schule gelehrt? Wer waren die ersten Schüler? Und welche Verbindung besteht noch heute zwischen dem ehemaligen Jacobs-Tempel und der St.-Andreas-Kirche? Museumsleiter Dirk Stroschein und der Seesener Dr. Joachim Frassl, bekanntermaßen ein ausgewiesener Jacobson-Experte, der selbst im Rahmen der Konferenz einen Vortrag in Braunschweig hielt, führten unter anderem durch die Sonderausstellung „Jacobson@Seesen“.

Im Anschluss diskutierten der Kulturwissenschaftler Prof. Cord-Friedrich Berghahn (TU Braunschweig), die Germanistin und Judaistin Dr. Uta Lohmann (Uni Hamburg), der Architekturhistoriker und Denkmalschützer Dr. Ulrich Knufinke, Dr. Jörg Munzel vom Israel-Jacobson-Netzwerk und  Dr. Joachim Frassl dann gemeinsam mit dem Publikum im Saal des Jacobson-Hauses.

Für die einen ist Israel Jacobson ein angesehener jüdischer Reformator, der mit der Gründung der ersten überkonfessionellen Schule in Seesen wesentlich zum Wandel in der Beziehung zwischen Juden und Nicht-Juden beigetragen hat. Die anderen sehen seine Ideen zu radikal, die Umsetzung zu autoritär und ihn selbst als eitlen Bankier, der mit seinem Reichtum Macht ausübte.

Eine Einigung gab es wie zu erwarten nicht, dafür als Qintessenz der dreitägigen Konferenz aber jede Menge „Hausarbeiten“, wie Moderator Prof. Cord-Friedrich Berghahn feststellte. Das Phänomen Jacobson lasse sich schließlich nicht mit einer einzigen Wissenschaft erfassen. „Hier müssen wir transdisziplinär zusammenarbeiten, um sämtliche Perspektiven zu beleuchten.“ Außerdem sei es wichtig, sich nicht ausschließlich mit Israel Jacobson, sondern auch mit den Protagonisten rechts und links seines Weges, also mit seinen Widersachern und Befürwortern zu befassen. Nur so könne man annähernd nachvollziehen, wer Israel Jacobson war; nur so könne man von einer komplexen Person ein vielseitiges Porträt entwerfen.

Aber nicht nur in der Wissenschaft bleibt der berühmte Reformator ein aktuelles Thema: „Eines ist sicher: Die Ideale und Ziele von Israel Jacobson haben auch heute noch in der Gesellschaft Gültigkeit und dürfen nicht in Vergessenheit geraten“, meinte Bürgermeister Erik Homann, der die hochkarätigen Gäste an diesem Tag auch als Vizepräsident des Israel-Jacobson-Netzwerkes willkommen geheißen hatte. Und das sei einer der Gründe, warum aus dem Jacobson-Haus ein soziokulturelles Zentrum, ein Ort der Begegnung werden soll.red/kno

Sport

Starke Leistung im Topspiel

FC Seesen hakt den Aufstieg ab

Zwei Niederlage für SV Harriehausen

MTV E-Jugend holt Heimsieg