Saison abbrechen oder fortführen? Die Fußballer sind gespalten

Von den 15 Vereinen im „Beo“-Verbreitungsgebiet sind sechs für den NFV-Vorschlag und neun dagegen / Patt bei Abstimmung im Kreis Nordharz, Kreise Hildesheim und Göttingen-Osterode votieren deutlich für Abbruch

Das bisher letzte Pflichtspieltor für den FC Rhüden von Marco Rieke am 24. November gegen Rammelsberg wird für lange Zeit auch das Letzte bleiben. Vielleicht sogar das Letzte der aktuellen Spielzeit. Mit einem Saisonabbruch wird sich der Verband nach dem Vereinsvotum wohl intensiv beschäftigen müssen.

Seesen. Soll die aktuelle Fußballsaison 2019/20 im Amateurbereich ab September fortgeführt und bis Juni 2021 zum Abschluss gebracht werden? Das hatte der Niedersächsische Fußballverband (NFV) am vergangenen Freitagabend bei einer Videokonferenz mit allen Kreisvorsitzenden beschlossen. Dazu sollten die Kreise anschließend die Meinung der Vereine einholen (der „Beobachter“ berichtete). Am Mittwochabend ging diese Meinungsbildung zuende. Heute trifft sich das NFV-Präsidium zu einer erneuten Konferenz. Es zeichnet sich ab, dass eine Mehrheit der Vereine für einen Abbruch gestimmt hat. Einigkeit besteht jedoch keinesfalls.

Auch die Vereine im Verbreitungsgebiet des „Beobachter“ sind in ihrer Meinung gespalten. 15 Klubs sind aktuell im Spielbetrieb, von denen stimmten sechs für den Vorschlag und neun dagegen. „Eine Fortführung ist noch mit das kleinste Übel“, drückt es beispielsweise Kai Möhlenbrock aus. Der FC Seesen ist einer der Vereine, die für den Vorschlag gestimmt haben, auch wenn Möhlenbrock persönlich eine komplette Annullierung der Spielzeit favorisiert hätte. „Vor dem Hintergrund der haftungsrechtlichen Bedenken eines Abbruchs ist die Fortführung aber ok“, erklärt er. Allerdings gebe es noch einige Bedenken und Unklarheiten, die zunächst geklärt werden müssten. Ähnlich sieht es Horst Döhring vom SV Engelade/Bilderlahe. Auch dieser hat für den Präsidiums-Vorschlag abgestimmt, möchte jedoch auch ein komplettes Konzept haben. „Die werden sich schon etwas dabei gedacht haben, diesen Vorschlag vorgestellt zu haben“, führt er aus. Die SG Ildehausen/Kirchberg, der SV Neiletal, SV Viktoria Bad Grund und der FC Eisdorf möchten die Spielzeit ebenfalls gerne sportlich zu Ende bringen. Alle weisen jedoch klar darauf hin, dass es noch so einige Details zu klären gibt.

Genau diese „Details“ führen bei vielen Verantwortlichen dazu, dass diese ablehnend zur Saison-Fortführung stehen. Wie sieht es mit den Wechselfristen im Sommer aus? Was passiert mit den Altersklassen im Jugendbereich? Zwei der wichtigsten Fragen, die gestellt und bisher nicht beantwortet wurden. Und dann ist da noch die Sache mit den Finanzen. „Finanziell würde das für uns schwierig werden. Wenn wir bis Juni 2021 nur wenige Heimspiele haben und eine ganze Saison wegbricht, haben wir große Einnahmeausfälle“, drückt es Armin Hocke vom FC Ambergau/Volkersheim aus. Viele Mannschaften, gerade in den unteren Ligen, haben nur noch rund zehn Spiele zu absolvieren, teils sogar weniger. Sollte ab September tatsächlich wieder gespielt werden können, was keinesfalls sicher ist, gäbe es bis Juni 2021 immer wieder große Pausen zwischen den einzelnen Partien. In der Zeit einer kompletten Saison wäre für diese dann nur rund ein Drittel der üblichen Begegnungen zu absolvieren. „Mit den haftungsrechtlichen Gründen hat der Verband nur an sich, aber nicht an die Vereine gedacht“, so Carina Kaiser, Geschäftsführerin beim FC Rhüden.

Wie die Saison bei einem Abbruch gewertet werden könnte, da sind sich die Vereine auch nicht ganz einig. Für eine komplette Annullierung und Neustart plädiert beispielsweise Georgos Mikhail vom VfL Badenhausen. Andere sagen, dass es durchaus Aufsteiger, aber keine Absteiger geben solle. „Eine Quotienten-Regelung wie beim Handball mit Auf- und ohne Absteiger wäre am Besten“, macht Kaiser einen anderen Vorschlag. Die Rhüdener sind ebenso für einen Saisonabbruch wie der TSV Münchehof, MTV Bornhausen, VfL Badenhausen, FC Westharz und die vier Bockenemer Vereine FC Ambergau/Volkersheim, VfR Bornum, SV Bockenem 2007 und SV Bockenem 1919/08. Die 07er haben den Alternativvorschlag gebracht, die aktuelle Spielzeit bis zum Jahresende zu ende zu bringen und dann im neuen Jahr mit der nächsten Saison zu starten. Das würde zumindest die Situation mit den wenigen Spielen und den finanziellen Einbußen begrenzen.

Sowohl das „Pro-Fortführungs“- als auch das „Pro-Abbruch“-Lager sind sich aber einige, dass es der Verband am Ende nicht alle zufriedenstellen könne. Der ein oder andere Verein könnte durchaus den Klageweg beschreiten, teilweise wurde dies für den Fall der Fälle bereits angekündigt.

Nicht nur in der Region, auch niedersachsenweit kann von Einigkeit bei den Vereinen keine Rede sein. Im Kreis Nordharz gibt es ein Patt zwischen Befürwortern und Gegnern des Verbands-Vorschlages: 42 Vereine sind dafür, 42 dagegen. In den Nachbarkreisen Göttingen-Osterode und Northeim-Einbeck sieht es anders aus. In Northeim stimmten 33 Vereine für einen Abbruch, nur 14 für die Fortführung. Auch die Klubs im Kreis Göttingen-Osterode wollen mehrheitlich einen Saisonabbruch. Von 58 an der Umfrage teilnehmenden Vereinen stimmten 64 Prozent für einen Abbruch. Die Region Hannover als der größte Kreis war noch deutlicher für einen Abbruch. Auch viele andere Kreise sind mal mehr, mal weniger deutlich für den Abbruch. In Gifhorn stimmten dagegen 80 Prozent für die Fortführung.

Und auch bundesweit sieht es unterschiedlich aus. In Bayern gab es verbandsseitig praktisch denselben Vorschlag, wie in Niedersachsen. Mehr als zwei Drittel der Vereine waren dafür. Im Landesverband Westfalen hingegen wollen 80 Prozent der Vereine einen Abbruch, wobei die Meinung bezüglich der Wertung der aktuellen Saison sehr uneinheitlich ist. Es droht deutschlandweit also ein Flickenteppich.
Wie geht es nun im NFV weiter? Am heutigen Freitag findet eine weitere Videokonferenz von Vorstand und Kreisvorsitzenden statt. „Wir werden uns am Freitag im Verbandsvorstand intensiv mit den Ergebnissen auseinandersetzen und dann das weitere Vorgehen beraten“, erklärte NFV-Präsident Günter Distelrath.

Aktuell sei davon auszugehen, dass es am Freitag zu keiner Entscheidung kommen wird. Vielmehr werde ein Fahrplan über die folgenden Schritte entworfen, der über die medialen Kanäle des NFV kommuniziert wird. Distelrath: „Ein Zeitpunkt, wann der Verbandsvorstand zu einer finalen Beschlussfassung kommen könnte, lässt sich derzeit noch nicht konkret benennen“.

Klar ist nur: Auch in den kommenden Wochen und vermutlich Monaten werden die lokalen Sportplätze noch verwaist bleiben.dh

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